Keine türkischen Medien beim NSU-Prozess

Massive Kritik an dem Vorgehen des Oberlandesgerichts München.

München. Politiker, Journalistenverbände und türkische Vertreter haben das Akkreditierungsverfahren für den Terrorprozess um die NSU-Mordserie massiv kritisiert. Sie forderten, dass vor allem auch türkische Medien einen garantierten Platz bekommen müssten.

Die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe muss sich vom 17. April an wegen Mittäterschaft an zehn Morden des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) verantworten; acht Opfer waren türkischer Abstammung. Unter den 50 Medien mit garantierten Plätzen ist aber kein einziges türkisches Medium.

Journalisten auf hinteren Plätzen können nachrücken, wenn Medien oder Journalisten mit fester Akkreditierung am jeweiligen Prozesstag nicht rechtzeitig erscheinen. Unter den 50 zugelassenen Medien sind sieben öffentlich-rechtliche Sender (BR, MDR, WDR, SWR, NDR, ZDF und Deutschlandfunk), die Nachrichtenagenturen dpa, dapd und Reuters sowie diverse Tageszeitungen und Magazine.

Der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, sprach von einem unglaublichen Vorgang. „Ich frage mich, was das Gericht eigentlich will? Will es die türkische Öffentlichkeit vom Prozess ausschließen?“

Der Zentralrat der Muslime bedauert die Platzvergabe als „sehr unglückliche Entscheidung“. Diese schade dem Vertrauen der Muslime in die Aufarbeitung der Morde, sagte sein Vorsitzender Aiman Mazyek. „Wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass das kein Strafprozess ist wie jeder andere, er hat die Tragweite wie der Breivik-Fall.“

Ein Gerichtssprecher sagte, es habe die Akkreditierungen nach dem zeitlichen Eingang der Anträge vergeben.

SPD-Chef Sigmar Gabriel und Grünen-Chef Cem Özdemir kritisierten das Akkreditierungs-Verfahren. „Das Oberlandesgericht sollte seine Haltung überdenken und sich nicht auf irgendwelche formelle Begründungen zurückziehen“, verlangte Gabriel. Özdemir kritisierte das Vorgehen des Gerichts als unsensibel und bürokratisch.

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