Tierwohllabel und Insektenschutz Kein Glyphosat und keine „Gärten des Grauens“

Berlin · Die Bundesregierung bringt das Tierwohllabel und ein Programm für den Insektenschutz auf den Weg. Was bringen die neue Pläne für mehr Umweltschutz?

 Pflanzen, die aus einem Vorgarten mit grauen und schwarzen Kieselsteinen herausragen, sind kein schöner Anblick. In einigen Städten will man gegen die umstrittenen Schotter- und Steingärten vorgehen.

Pflanzen, die aus einem Vorgarten mit grauen und schwarzen Kieselsteinen herausragen, sind kein schöner Anblick. In einigen Städten will man gegen die umstrittenen Schotter- und Steingärten vorgehen.

Foto: dpa/Carmen Jaspersen

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) bekommt ihre umstrittene Tierwohlkennzeichnung, dafür Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) ihr Pläne zum Insektenschutz. Das am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedete Maßnahmenpaket ist ein Deal zwischen den Koalitionären. Auch werden mehr Mittel bei der Agrarförderung zugunsten des Umwelt- und Klimaschutzes umgeschichtet. Schon im nächsten Jahr sollen dies 75 Millionen Euro sein. Hier eine Übersicht, wie die Koalition das Insektensterben stoppen und Nutztieren das Leben erleichtern will

Teil-Verbot von Giften. Ab 2021 soll die Anwendung von Pflanzenschutz-  und Schädlingsbekämpfungsmitteln  „in ökologisch besonders schutzbedürftigen“ Bereichen und Gebieten verboten werden, heißt es in dem 64 Seiten umfassenden Aktionsprogramm. Das ist neu. Ausnahmen sind freilich möglich. Den Einsatz des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat will die Koalition bis 2020 weiter einschränken. Zum Stichtag 31. Dezember  2023 soll die Verwendung komplett beendet werden. Dann läuft allerdings auch die Zulassung in der EU aus.

Mehr Lebensräume für Insekten. Laut Programm will der Bund den Anteil der ökologisch bewirtschafteten Agrarflächen auf 20 Prozent bis zum Jahr 2030 weiter steigern und damit zum Insektenschutz beitragen. Auch sollen Betriebe und Gemeinden animiert werden, neue Lebensräume für Insekten anzulegen, Säume und Brachen besser zu pflegen oder zu reaktivieren. Außerdem soll es mehr Mittel für eine insektenverträgliche Waldbewirtschaftung geben. Zugleich werden mehr Biotope auf die Liste der gesetzlich geschützten aufgenommen.

Kampf gegen die Lichtverschmutzung. Nachtaktive Insekten werden von künstlichen Lichtquellen angelockt und verenden dort. Ein solches Verhalten nennt man Staubsaugereffekt. Dagegen will die Koalition etwas tun: So soll es bis 2021  gesetzliche Regelungen zur Eindämmung der Lichtverschmutzung geben, zum Beispiel durch neue artengerechte Anforderungen für künstliche Lichtquellen an Straßen. Lichtfallen, sogenannte „Insektenvernichter-Lampen“, werden über das Naturschutzrecht verboten.

100 Millionen Euro für mehr Schutz und Forschung

Bundesweit soll es ein einheitliches Monitoring zur Erfassung der Insektenbestände geben. Gleichzeitig wird die Forschung besser gefördert. Nach dem Willen der Koalition soll auch an Schulen und in Kindergärten die Bedeutung der Insekten stärker behandelt werden. Darüber hinaus ist eine Kampagne „Insektenfreundliche Privatgärten“ geplant. „Die Gärten des Grauens, also die Schottergräten, das muss nicht sein“, so Schulze. Insgesamt stehen rund 100 Millionen Euro mehr für Schutz und Forschung zur Verfügung.

Um das dreistufige Label zu erhalten, muss Fleisch nach Kriterien erzeugt worden sein, die über den „gesetzlichen Mindesttierschutzstandard hinausgehen“.  Also bei Haltung, Transport und Schlachtung. Das Siegel gilt zunächst nur für Schweinefleisch. Es soll auf freiwilliger Basis eingeführt werden – laut Klöckner will man aber über mehr Verbindlichkeit mit der EU reden. Grünen-Agrarexpertin Renate Künast kritisierte, ein freiwilliges Label schaffe „keine volle Transparenz“ für Verbraucher. Der Bauernverband erklärte, das Label werde „vom Markt nicht angenommen werden“. Und FDP-Experte Gero Hocker meinte: „Das Tierwohllabel wird ein Rohrkrepierer werden.“ Schulze und Klöckner lobten am Mittwoch beide Verabredungen.

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