Ärger über Politik der EZB Kaufkraftverluste immer dramatischer - Nullzinspolitik kostet deutsche Sparer Milliarden

Düsseldorf · Da Einlagen kaum verzinst werden, führt die Inflation zu hohen Kaufkraftverlusten. Seit 2011 sind es 133,3 Milliarden Euro.

 Wer sein Geld ins Sparschwein steckt oder auf dem Sparbuch liegen lässt, erleidet sein Jahren Kaufkraftverluste.

Wer sein Geld ins Sparschwein steckt oder auf dem Sparbuch liegen lässt, erleidet sein Jahren Kaufkraftverluste.

Foto: dpa-tmn/Christin Klose

Die dauerhafte Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hat für die deutschen Sparer dramatische Konsequenzen: Ihre Einlagen verlieren jeden Tag an Wert. Nach Berechnungen der Deka-Bank, dem Wertpapierhaus der Sparkassen, summieren sich die Kaufkraftverluste bundesweit auf 33,5 Milliarden Euro im Jahr. Ein Kaufkraftverlust entsteht bei Einlagen immer dann, wenn die Teuerungsrate (Inflation) höher ist als die Verzinsung der Einlagen. 2019 wird in Deutschland eine Inflationsrate von 1,4 oder 1,5 Prozent erwartet, die Verzinsung der Einlagen liegt nahe null Prozent.

Mit negativen Realzinsen haben die Sparer seit 2011 zu kämpfen. Berechnungen von Comdirekt und Barkow Consulting zeigen, dass sich seitdem ein Kaufkraftverlust von 133,3 Milliarden Euro angehäuft hat. Mit anderen Worten: Auf dem Kontoauszug ist das Geld zwar noch vorhanden, aber das, was sich die Sparer dafür kaufen können, ist erheblich weniger geworden.

Sparer bevorzugen Einlagen, die praktisch nicht verzinst werden

Im internationalen Vergleich sind die deutschen Sparer von der Nullzinspolitik besonders betroffen, weil sie ihr Geld mit Vorliebe in Anlagen stecken, die als sicher gelten: Tagesgeld-, Festgeld- und Girokonten sowie Sparbücher. Laut einem Bericht der Bundesbank erhöhten die Bundesbürger ihre Bestände an Bargeld und kurzfristigen Einlagen im ersten Quartal dieses Jahres auf knapp 2,5 Billionen Euro – so viel wie nie zuvor. Weitere Kaufkraftverluste sind damit programmiert.

Dass sich mittelfristig an der Zinspolitik der EZB etwas ändern wird, erwarten Experten nicht. Zwar übergibt der Italiener Mario Draghi den Chefposten bei der Zentralbank im November an die Französin Christine Lagarde, aber sie will am Kurs des billigen Geldes festhalten, um die Wirtschaft im Euroraum in Schwung zu halten. „Wir gehen davon aus, dass es mindestens bis 2025 keine positiven Zinsen geben wird“, sagt Holger Bahr, Leiter Volkswirtschaft der Deka-Bank.

Zu den schärfsten Kritikern des EZB-Kurses gehört Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes: „Wer kann, flüchtet mit seinem Geld in Immobilien. Deren Preise und Mieten steigen. Die Altersvorsorge für Millionen Menschen schmilzt wie Schnee in der Sonne. Sozialversicherungen, Pensionskassen und Stiftungen verlieren jeden Tag viel Geld und damit Leistungsfähigkeit“, so Schleweis.

Wenn Banken bei der EZB überschüssiges Geld hinterlegen, müssen sie inzwischen einen Strafzins von 0,5 Prozent zahlen. Das soll sie animieren, das Geld für die Kreditvergabe an Unternehmen und Privatkunden abzugeben, um so die Wirtschaft zu beflügeln. Der Erfolg dieser Maßnahme ist aber gering. Deshalb geben die Banken den Strafzins an ihre Kunden weiter. Derzeit trifft das nur Vermögende mit hohen Einlagen, aber die Branche denkt über Negativzinsen für Normalkunden nach.

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