Reizthemen Klima und Migration Jamaika-Verhandler müssen sich nach Krach zusammenraufen

Berlin (dpa) - Nach dem ersten Krach bei den großen Reizthemen Klima und Flüchtlinge müssen sich Union, FDP und Grüne für weitere Sondierungen über eine Jamaika-Koalition zusammenraufen.

 Rauchpause am 20.10.2017 in Berlin bei den Sondierungsgesprächen zwischen CDU/CSU, der FDP und den Grünen auf dem Balkon der Parlamentarischen Gesellschaft.

Rauchpause am 20.10.2017 in Berlin bei den Sondierungsgesprächen zwischen CDU/CSU, der FDP und den Grünen auf dem Balkon der Parlamentarischen Gesellschaft.

Foto: Bernd Von Jutrczenka

Die Grünen forderten ein klares Bekenntnis zu den Klimaschutzzielen ein. Die FDP verwahrte sich gegen Vorwürfe bei diesem Thema und lässt weiterhin offen, ob ein Bündnis überhaupt zustande kommt. Die CSU besteht dafür hart auf einer Begrenzung der Zuwanderung. In der neuen Woche geht es zuerst mit Bildung, Digitalisierung, Sozial- und Innenthemen weiter.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte, ohne Festlegung auf die Klimaschutzziele, die Deutschland verbindlich gemacht habe, „können wir nicht weitersprechen“. Über die Instrumente werde man sprechen müssen. Aber zunächst müsse deutlich werden, dass alle es ernst meinten, forderte sie in einem von der Partei veröffentlichten Video.

In den Sondierungen am Donnerstag war in Verhandlungskreisen ein Bekenntnis von Union, FDP und Grünen zu den verschiedenen Zielen der Treibhausgas-Reduktion bestätigt worden. Die FDP machte aber kurz darauf deutlich, dass das Einhalten der Ziele aus ihrer Sicht ein an Verhältnismäßigkeit gebundenes „Wollen“ und kein „Müssen“ sei.

FDP-Fraktionsgeschäftsführer Marco Buschmann sagte: „Der wiederholte Versuch, der FDP zu unterstellen, wir stünden nicht zu den Klimazielen von Paris, ist einfach Unsinn.“ Es gelte nur, „dass man ein Stück weit kreativer nachdenken muss.“ Versorgungssicherheit und der Industriestandort müssten gesichert werden. Angesichts der hohen Kosten, die weitere Einsparungen des Treibhausgases CO2 in Deutschland mit sich brächten, müsse darüber diskutiert werden, ob Einsparungen nicht in anderen Ländern gefördert werden könnten.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) mahnte eine rasche Einigung in der Flüchtlingspolitik an. „Die Verantwortung für unser Land verlangt, dass wir in der schwierigen Verhandlungssituation die Nerven behalten und mit kühlem Kopf nach gemeinsamen Lösungen suchen, die vor allem die Menschen im Land mehrheitlich akzeptieren“, sagte er der „Bild“-Zeitung (Samstag). „Alle wissen doch, dass die Integrationskraft jedes Landes ein begrenztes Maß hat.“

Bei diesem Thema sollen nun die Parteichefs möglichst bis kommenden Donnerstag Lösungswege besprechen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Während CDU und CSU in der Runde die Begrenzung der Flüchtlingszahlen zur Bedingung erklärten, machten sich die Grünen unter anderem für weiteren Familiennachzug stark. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt machte daraufhin auch in der Sitzung klar, dass die Unionsseite ohne eine Begrenzung der Zuwanderung einer Koalition nicht zustimmen werde.

An diesem Montag sollen die Sondierungen mit den nächsten Themen fortgesetzt werden. Auf der Agenda stehen „Bildung, Forschung, Innovation, Digitales, Medien“, dann „Arbeit, Rente, Gesundheit, Pflege, Soziales“ sowie „Innen, Sicherheit, Rechtsstaat“. Am Nachmittag soll zum zweiten Mal die große Runde von mehr als 50 Verhandlern zusammenkommen und über den Stand diskutieren.

CDU-Bundesvize Julia Klöckner forderte ein deutliches Gewicht der Union ein. „Wir haben nicht nur die Position des Moderators, sondern unsere Positionen müssen sich in einer Koalition entsprechend dem Wahlergebnis wiederfinden.“

FDP-Generalsekretärin Nicola Beer schätzt die Chance des Zustandekommens einer Koalition auf 50 Prozent. „Das kann gelingen, dann muss es aber auch mehr Mut am Tisch geben“, sagte sie dem SWR. Linke-Chef Bernd Riexinger kritisierte: „Die Muskelspiele und das Nachtreten der Beteiligten bei den Themen Klima und Flüchtlinge demonstrieren die desolate Perspektive dieser Koalition.“

Der Deutsche Städtetag forderte von der künftigen Regierung eine stärkere finanzielle Unterstützung der Kommunen. „Wir brauchen mehr Geld für Investitionen“, sagte Städtetag-Präsidentin Eva Lohse (CDU). Es geht unter anderem um eine Anhebung des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer, eine langfristige Förderung des sozialen Wohnungsbaus und einen höheren Bundesanteil an Wohnkosten für Hartz-IV-Empfänger.

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