Koalitionsverhandlungen : Jamaika-Sondierungen: Die Stunde Null naht
Am Freitag sollen die Sondierungen enden. Für die anstehende Marathonsitzung, die „Nacht der langen Messer“, brauchen CDU, FDP und Grüne viel Durchhaltevermögen — und eine Strategie.
Berlin. Von Angela Merkel ist der schöne Satz überliefert: „Ich habe eine Art Kamelkapazität, mit Schlaf umzugehen.“ Sie könne fünf oder sechs Tage mit sehr wenig auskommen, dann benötige sie wieder einen Tag, „an dem ich ausschlafe“. Ein echter Vorteil. Auch für die nun anstehende Marathonsitzung, die „Nacht der langen Messer“ bei den Jamaika-Sondierungen.
Merkel ist diese Art der Beratungen vor allem aus Brüssel gewöhnt, wenn die Staats- und Regierungschefs beim Europäischen Rat wichtige Dinge wie die Griechenland-Rettung oder die Flüchtlingskrise verhandeln. Manch einer ihrer hochrangigen Kollegen, berichten Insider, „nickt dann schon mal weg“. Nicht so die Kanzlerin. Sie hat Durchhaltevermögen und steht anschließend auch noch um fünf Uhr morgens der Presse Rede und Antwort. Freilich mit müden Augen. Wobei: Manchmal ist auch ihr Akku fast leer. Zuletzt wurde bei den Sondierungen dem Vernehmen nach eine Chef-Runde kurz vor Mitternacht beendet, weil die CDU-Vorsitzende und mit ihr CSU-Chef Horst Seehofer von Müdigkeit übermannt wurden.
Lange und anstrengende Sitzungen, in denen man hellwach bleiben muss, um nicht über den Tisch gezogen zu werden, gehören in der Politik zum Spiel. 2013 dauerte die Schlussrunde von Union und SPD über die Bildung der Großen Koalition 17 Stunden — dann stand endlich der Koalitionsvertrag. Regelmäßig nehmen Besprechungen kein Ende, wenn der Bund mit den Ländern verhandelt, entweder direkt oder im Vermittlungsausschuss des Bundesrates. Meist geht es dann ums Geld. Wie im vergangenen Jahr, als beide Seiten eine Marathonberatung benötigten, um sich auf ein neues Modell beim Länder-Finanzausgleich zu einigen.