In Erfurter Händen Der Koalitionsausschuss und die Lage in Thüringen

Berlin · Die nächste große Krise auf Bundesebene hat der Koalitionsausschuss erst einmal abwenden können. Denn die Kanzlerin und die Union haben den Genossen Zusagen gemacht, die ausreichen, um sie vorerst zu besänftigen:

 Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zieht vor Beginn des Koalitionsausschusses die Vorhänge im Kanzleramt zu.

Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zieht vor Beginn des Koalitionsausschusses die Vorhänge im Kanzleramt zu.

Foto: dpa/Paul Zinken

Die Entlassung des Ostbeauftragten Christian Hirte, das Versprechen, keine direkte oder indirekte Regierungsbildung mit Hilfe der AfD einzugehen und die Herbeiführung von Neuwahlen in Thüringen. Auch wenn unklar ist, wie genau das gelingen soll.

Mögen die schwarz-roten Spannungen der vergangenen Tage etwas gewichen sein, das weitere Schicksal der GroKo ist freilich mit den Vorgaben des Koalitionsausschusses zurück in die Hände der Erfurter Landespolitiker gelegt worden. Zu jenen also, die gezeigt haben, dass sie sich wenig oder gar nicht um Direktiven aus Berlin scheren. Was für ein Risiko für die GroKo-Parteien. Vor allem die CDU muss jetzt liefern, um dem Vertrauensverlust innerhalb der Koalition entgegenzuwirken. Dass die Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer arge Probleme damit hat, die Parteifreunde im Freistaat auf Kurs zu bringen, ist in der letzten Woche mehr als deutlich geworden. Es fehlt ihr klar an Autorität. Angela Merkel hat die Dinge offenkundig an sich gezogen. Zumindest scheint es ihr zu verdanken zu sein, dass die große Koalition zu einer gemeinsamen Linie im weiteren Umgang mit dem Thüringen-Eklat gefunden hat.

Merkel will das Bündnis unbedingt retten, um ihre Amtszeit einigermaßen würdig zu beenden. Und das mit aller, politischer Macht - die freilich ebenfalls an den Grenzen des Freistaates enden könnte. Das wird sich nun zeigen. Obendrein haben die Entwicklungen der letzten Tage tiefe Wunden in der CDU hinterlassen. Die gegenseitigen Vorwürfe sind erheblich. Zurückhaltung ist im Moment nicht das Gebot der Stunde bei den Christdemokraten. Die Thüringer fühlen sich von der Bundesspitze düpiert, die Bundespartei von den Thüringern, es rumort gewaltig innerhalb der Union. Auch Merkels Notbremse, die Ablösung des Ostbeauftragten Hirte, spaltet die Partei. Manch einer sieht in ihm nur ein Bauernopfer der Kanzlerin, um die Koalition und sich selbst zu retten. All die, die schon lange der Auffassung sind, dass Merkel die Belange der CDU reichlich egal sind, fühlen sich bestärkt. Die Union ist daher noch lange nicht aus der Krise. Sie steckt weiter mittendrin.

Nun hängt viel davon ab, wie in Thüringen vorgegangen wird, um das parlamentarische Chaos dort wieder aufzulösen. Das wird schwierig genug werden, wenn man bedenkt, dass die AfD ihre Spielchen mit der Demokratie und den staatlichen Institutionen munter weiter treiben will – die Ankündigung des AfD-Fraktionschefs im Bundestag, Alexander Gauland, seine Partei werde gegebenenfalls den Linken Bodo Ramelow wählen, um ihn dadurch zu verhindern, ist Beleg dafür. Bisher konnte man meinen, nichts schadet der AfD. Die jüngsten Umfragen beweisen nun das Gegenteil. Endlich, muss man sagen.

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