Hungersituation in 26 Ländern sehr ernst

Berlin (dpa) - Bilder von bis aufs Skelett abgemagerten Kindern aus Somalia waren ein Schock und zeigten: Das Hungerproblem ist ungelöst. Verschärft wird es durch Spekulationen auf Nahrungsmittel. In einigen Ländern muss - übertragen auf Deutschland - 30 Euro für ein Brot bezahlt werden.

In 26 Ländern gilt die Situation als sehr ernst. Wegen stark schwankender Preise müssten Menschen in einigen Entwicklungsländern inzwischen rund 70 Prozent ihres Einkommens für die Ernährung ausgeben, sagte die Präsidentin der Welthungerhilfe, Bärbel Dieckmann, am Dienstag bei der Vorstellung des Welthunger-Index 2011 in Berlin. Insgesamt leiden weltweit immer noch 925 Millionen Menschen unter Hunger.

In Deutschland, wo die Haushalte nur rund zwölf Prozent des Einkommens für Nahrung ausgeben, würde eine vergleichbare Lage wie in einigen afrikanischen Ländern bedeuten, dass ein Brot fast 30 Euro, Butter 16 Euro und der Beutel Kartoffeln 50 Euro kosten würde. „Das wäre selbst für ein normales Einkommen in Deutschland eine Riesen-Herausforderung“, sagte Dieckmann mit Blick auf Preissprünge, die auch durch Spekulationen hervorgerufen werden. Die hätten Händler als neue Geldquelle entdeckt.

Es bedürfe dringend EU- und weltweiter Regelungen, um exzessiven Spekulationen auf Nahrungsmittel Einhalt zu gebieten, forderte Dieckmann. Außerdem würden schlechte Ernten und Viehsterben infolge des Klimawandels sowie die Konkurrenz durch Agrartreibstoffe die Nahrungspreise treiben. Subventionen für diese Treibstoffe müsste abgeschafft und Beimischungsquoten flexibler geregelt werden. „Es muss immer gelten: Nahrung von Agrartreibstoffen“, betonte Dieckmann.

Die größten Fortschritte gab es zuletzt in Südostasien sowie in Lateinamerika, wo der Anteil Hungernder zurückgeht. Dramatisch ist die Lage in vielen afrikanischen Staaten südlich der Sahara. Die Länder mit den schlechtesten Werten im Welthunger-Index sind Burundi, Kongo, Eritrea und der Tschad. Auch in Nordkorea gilt die Lage als sehr ernst. Oft sind es wie in Somalia militärische Konflikte, die die Situation verschärfen. Besonders deutlich verbesserte sich seit 1990 die Ernährungslage in der Türkei, Malaysia und in Mexiko.

„Grundlegende Fortschritte wurden jedoch nicht erzielt“, betonte Klaus von Grebmer von dem am Welthunger-Index beteiligten internationalen Forschungsinstitut für Ernährungspolitik (IFPRI). Die jüngsten Bilder von ausgemergelten Menschen am Horn von Afrika hätten der Welt vor Augen geführt, dass das Hungerproblem ungelöst sei. Bis 2015 wollten die Vereinten Nationen die Zahl Hungernder halbieren. „Selbst dieses beschämend anspruchslose Ziel wird bis 2015 nicht erreicht werden“, sagte von Grebmer.

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