Hotels dürfen Gäste aus politischen Gründen ablehnen

Karlsruhe (dpa) - Hotelbetreiber dürfen Gäste wegen ihrer politischen Überzeugung ablehnen - etwa wenn diese Rechtsextremisten sind.

Mit dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof das Hausverbot eines Wellnesshotels gegen den ehemaligen NPD-Vorsitzenden Udo Voigt im wesentlichen gebilligt. Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn die Buchung des Gastes bereits bestätigt wurde (Az.: V ZR 115/11).

Mit der am Freitag verkündeten Entscheidung stärkt das oberste Zivilgericht das Hausrecht von Hotelbetreibern. Auch Unternehmen dürfen demnach - wie Privatpersonen - grundsätzlich frei über Hausverbote entscheiden. Eine Begründung sei nicht erforderlich, entschied der 5. Zivilsenat. Der ehemalige NPD-Chef will gegen das Urteil Verfassungsbeschwerde einlegen.

Voigt hatte 2009 einen Wellnessurlaub im brandenburgischen Bad Saarow gebucht. Die Buchung war zunächst bestätigt worden, der Hotelier hatte ihm jedoch anschließend ein Hausverbot erteilt. Voigts politische Gesinnung sei unvereinbar mit dem Ziel, jedem Gast ein „exzellentes Wohlfühlerlebnis“ zu bieten, argumentierte er. Der Rechtsextremist fühlte sich deshalb diskriminiert.

Der BGH hob das Hausverbot für die Zeit der Buchung auf, bestätigte es aber ansonsten. Ein privater Hotelbetreiber könne „frei darüber entscheiden, wen er als Gast aufnimmt und wen nicht“, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Krüger zur Begründung. Aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das den Schutz vor Diskriminierung regelt, ergäben sich in diesem Fall keine Beschränkungen, so die Richter: „Der Gesetzgeber hat nämlich bewusst davon abgesehen, das Diskriminierungsverbot auf Benachteiligungen wegen politischer Überzeugungen zu erstrecken.“

Das Prinzip des Grundgesetzes, wonach niemand wegen seiner politischen Überzeugung benachteiligt werden darf, gelte zwischen Privatpersonen und Unternehmern nicht unmittelbar, stellte der BGH fest. Bei Abwägung der Interessen sei zu berücksichtigen, dass der Rechtsextremist durch das Hausverbot nur in seiner Freizeitgestaltung beeinträchtigt sei; hingegen trage der Hotelbetreiber das wirtschaftliche Risiko für sein Unternehmen. Wenn jedoch ein gültiger Beherbergungsvertrag geschlossen wurde, sei der Hotelier daran gebunden. Dann sei ein Hausverbot nur möglich, wenn sich der Gast grob vertragswidrig verhalte - etwa indem er andere Gäste belästige.

Aus Sicht des Unternehmens kann Voigt den Wellnessurlaub in dem Hotel aber nicht nachholen. Die Buchung von damals habe keinen Bestand mehr, argumentierte Hotelsprecherin Renate Freiling. „Aufgrund des bestehenden Hausverbots kann er sich jetzt nicht mehr einbuchen“, sagte sie.

Der Brandenburger Hotel- und Gaststättenverband sieht das Urteil zwiespältig. Grundsätzlich sei die Haltung bestätigt worden, dass der Unternehmer selbst entscheiden könne, wen er beherberge, sagte Hauptgeschäftsführer Olaf Lücke der dpa. „Das zeigt, dass rechtsradikales Gedankengut und Ausländerfeindlichkeit mit unserem Verständnis von Gastfreundschaft nichts zu tun haben.“ Andererseits sei es für die Unternehmer im Zeitalter moderner Kommunikationsmittel immer schwerer, jede Buchung zu prüfen. „Das ist die andere Seite des Urteilsspruchs.“

Nach Angaben des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) erhalten Hotels den Namen eines Gastes bei Buchungen durch Internetportale und Reiseveranstalter immer erst dann, wenn die Buchung bereits bestätigt wurde.

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) wertete die Entscheidung als Ermutigung für Zivilcourage. Die „rechtsextremen Demokratiefeinde“ müssten wissen und auch täglich spüren, dass sie in der Gesellschaft nicht willkommen seien, erklärte der SPD-Politiker und erneuerte seine Forderung nach einem Verbot der NPD.

Voigt, der von 1996 bis 2011 Bundesvorsitzender der rechtsextremen NPD war, kündigte in einer Pressemitteilung Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil an. Auf die Frage, ob er auch gegen die Benachteiligung von Ausländern oder Schwarzen sei - laut Verfassungsschutzbericht grenzt die NPD „das Fremde, Andere bzw. seiner Herkunft nach "Nicht-Deutsche" konsequent aus“ - antwortete er der Nachrichtenagentur dpa: „Wir sind generell für den Gleichheitsgrundsatz, so wie er im Grundgesetz verankert ist, und das bezieht sich logischerweise auf alle. Wenn wir das Recht in Anspruch nehmen, dann kann das auch jeder andere in Anspruch nehmen.“

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