Wahlkampf in Hessen : Um was es bei der Hessen-Wahl wirklich geht
Wiesbaden Während SPD-Kandidat Thorsten Schäfer-Gümbel bei seinem dritten Anlauf eine Wechselstimmung zu verspüren glaubt, sieht Ministerpräsident Volker Bouffier den Landtagswahlkampf von drei Themen überlagert: „Berlin, Berlin, Berlin.“
Am 28. Oktober wird Thorsten Schäfer-Gümbel feiern. In Wiesbaden. Es ist der dritte Anlauf des 49-jährigen, um als Spitzenkandidat der SPD hessischer Ministerpräsident zu werden. 2013 war er es gefühlt schon einmal, zumindest um 17.15 Uhr am Wahlabend für eine knappe Dreiviertelstunde. Am Ende fehlten dann rund 4000 Stimmen. Vier Wochen vor der Wahl steht die SPD bei rund 23 Prozent. Das ist zwar Klassen besser als im Bund, aber noch sehr weit von einem Wahlsieg entfernt. „Hessen ist traditionell eng, es wird viel von den nächsten Wochen abhängen. SPD kann stärkste Kraft werden“, sagt Schäfer-Gümbel am Montagmorgen im Gespräch mit Journalisten. Es ist sein Geburtstag.
Seit „TSG“ 2009 den hessischen SPD-Trümmerhaufen 2009 von Andrea Ypsilanti übernommen hat, hält er sich sehr systematische Arbeit zugute. 1300 Ortsvereine hat die SPD in Hessen, mit rund 55.000 Mitgliedern liege sie deutlich vor der CDU (rund 40.000), auf Bundesebene seien die Hessen drittstärkster Landesverband der Partei. Seit der Übernahme des Vorsitzes habe er seine Arbeit unter das Motto „Führen und Sammeln“ gestellt und „intensivst“ Kontakte bis in die untersten Ebenen gepflegt, regelmäßig spreche er mit den Unterbezirks- und Ortvereins-Vorsitzenden. Nun verspürt Schäfer-Gümbel „eine latente Wechselstimmung in Hessen“.
Die kann der Mann, der im selben Wahlkreis antritt wie Thorsten Schäfer-Gümbel, überhaupt nicht ausmachen: „Die Leute rechnen uns an, dass es fünf Jahre ohne Krawall lief. Teilweise einmalig in der Republik. Und jetzt kommt das ,Aber‘: Berlin, Berlin, Berlin. Das kostet. Am Ende kommt es darauf an, ob es uns gelingt, klar zu machen, dass es um Hessen geht“, sagt Ministerpräsident Volker Bouffier. Seit 19 Jahren regiert die CDU in Wiesbaden, 2010 folgte Bouffier auf Roland Koch, seit 2013 regiert er mit den Grünen. „Man darf Bouffier nicht unterschätzen“, räumt Schäfer-Gümbel ein. Bouffier sei „hoch eloquent“, aber das baue eben noch keine Wohnung. Und Wohnungsbau, Bildungspolitik und die Mobilitätswende seien die wichtigen Themen.
Will das eigentlich jemand hören? Nach den Berliner Chaos-Wochen? Und solange die Bayernwahl den Blick auf Hessen verstellt? „Der kulturelle Jägerzaun zwischen Aschaffenburg und Rodgau wirkt. Die unmittelbaren Wirkungen der Bayernwahl werden nicht so groß sein“, glaubt Schäfer-Gümbel. Und ja, manche Berliner Debatte in den vergangenen Wochen habe nicht geholfen. „Andrea Nahles hat einen Fehler gemacht. Sie hat ihn benannt und korrigiert“, sagt er – und mehr nicht: „Sie werden von mir niemals ein böses Wort über Mitglieder der Führung der SPD hören, ich profiliere mich nicht auf Kosten anderer. Auch nicht bei schwierigen Verhältnissen, wie bei Sigmar Gabriel und Martin Schulz.“
Am Ende hoffen Bouffier wie auch sein Kontrahent Schäfer-Gümbel auf das gleiche: „Windstille“ in Berlin, sagt der SPD-Mann. „So einen Wahlkampf hatten wir noch nie, er wird komplett von Berlin überlagert“, sagt Bouffier. Auch die Bayern-Wahl werde politische Aufmerksamkeit absorbieren. „Muss Seehofer gehen? Muss Söder gehen? Was bedeutet das für die Große Koalition? Und dann kommen wir landespolitisch mit unserem Kita-Programm, da werden die Leute aber auf den Tischen stehen“ so Bouffier ironisch.