Hannelore Kraft: „Wir wollen im Bundesrat auch gestalten“

NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) zu den Lehren aus der Wahl in Niedersachsen und den Chancen im Bund.

Düsseldorf. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) zu den Lehren aus der Wahl in Niedersachsen und den Chancen im Bund.

Frau Kraft, die Wahl in Niedersachsen war spannender als fast jeder „Tatort“. Wie haben Sie diesen Krimi erlebt?

Kraft: Ich habe bis zum Schluss mitgefiebert, es war ja schließlich auch extrem spannend. Aber ich hatte doch ein gutes Gefühl, denn bei meinen Wahlkampfauftritten in Niedersachsen habe ich viel von der Stimmung mitbekommen. Und die sprach für einen Regierungswechsel. Aber natürlich war es knapp.

Sie haben für Stephan Weil Wahlkampf gemacht. Wie haben Sie ihn erlebt?

Kraft: Als einen sehr sachkundigen Politiker, der seine Argumente in einer ruhigen, fachlich fundierten Art anbringt. Das kommt bei den Wählern gut an.

Was bedeutet dieses Ergebnis für Peer Steinbrück?

Kraft: Es bedeutet zunächst einmal für uns alle in der SPD einen Schub für die Bundestagswahl — auch wenn es vielleicht ein bisschen mehr hätte sein können. Die SPD in Niedersachsen hat in etwa die Werte erreicht, die uns vorhergesagt wurden. Peer Steinbrück ist der Kandidat, der dem politischen Gegner Angst macht. Das hat die Aufgeregtheit der vergangenen Wochen deutlich gezeigt. Auch das macht uns Mut.

In den Ländern hui, im Bund pfui — so könnte man die SPD-Ergebnisse bei den Landtagswahlen und die Umfragewerte im Bund beschreiben. Wie soll sich das bis zum September ändern?

Kraft: Indem wir deutlich machen, dass dieses Land einen Regierungswechsel braucht und wir die richtigen Antworten auf die drängenden Fragen geben. Auch wir in NRW lagen noch wenige Monate vor der Landtagswahl 2010 deutlich zurück. Aber wir haben es geschafft. Ich rate zur Gelassenheit. Die Bürgerinnen und Bürger werden erkennen, dass die Politik der SPD das Land sozialer und gerechter macht.

Die Grünen haben in Niedersachsen deutlich zugelegt, die SPD deutlich geringer. Was bedeutet das für das Binnenverhältnis?

Kraft: Das Binnenverhältnis bleibt gut. Aber wir müssen beide noch zulegen, wenn es klappen soll mit dem Politikwechsel im September. Und das gehen wir jetzt mit Rückenwind an.

Bei der Bundestagswahl ist es wahrscheinlich, dass die Linke wegen ihrer Stärke im Osten den Sprung ins Parlament schafft, was eine rot-grüne Mehrheit erschwert. Wie wollen Sie eine solche Situation verhindern?

Kraft: Jede Stimme für Piraten und für die Linkspartei ist eine verlorene Stimme für den politischen Richtungswechsel zu Rot-Grün. Das habe ich im NRW-Wahlkampf gesagt, das hat Niedersachsen gezeigt, das ist auch im Bund so. Und das werden wir noch stärker deutlich machen.

Rot-grüne Bundesländer haben jetzt die Mehrheit im Bundesrat. Wie wollen Sie die nutzen?

Kraft: Wir können dort jetzt in der Tat auch gestalten. Sicher werden wir im Bundesrat eine neue Initiative für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn anschieben, und wir werden alles daran setzen, das Betreuungsgeld zu verhindern, um dieses Geld in den Ausbau der Kitas zu stecken.

Bedeutet das eine Blockade?

Kraft: Nein, keine Blockade, im Bundesrat bleibt es bei unserer bisherigen verantwortungsvollen Politik: Wir setzen uns für sinnvolle Projekte ein mit Blick auf die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in den Ländern.

Wie bewerten Sie die Vorgänge bei der FDP?

Kraft: Das ist Sache der FDP. Es ist schon amüsant, Rainer Brüderle als neuen Hoffnungsträger zu bezeichnen.

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