Flüchtlingsdebatte Härtere Gangart im Umgang mit Zuwanderern geplant

Hannelore Kraft (SPD) fordert für anerkannte Flüchtlinge Wohnsitzauflagen. Parteifreundin Andrea Nahles denkt an Leistungskürzungen.

 Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles (SPD), droht Flüchtlingen mit Leistungskürzungen, wenn sie sich nicht in Deutschland integrieren lassen wollen.

Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles (SPD), droht Flüchtlingen mit Leistungskürzungen, wenn sie sich nicht in Deutschland integrieren lassen wollen.

Foto: Britta Pedersen

Düsseldorf. Die SPD verschärft die Gangart in der Flüchtlingspolitik: Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles kündigte Leistungskürzungen für Asylbewerber an, die nicht integrationswillig sind. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) will es anerkannten Asylbewerbern unter bestimmten Umständen verbieten, sich den Wohnsitz innerhalb Deutschlands frei zu wählen. „Es darf nicht sein, dass alle Flüchtlinge, sobald sie anerkannt sind, wie prognostiziert in die Großstädte ziehen“, sagte die SPD-Politikerin dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Experten gehen davon aus, dass viele Flüchtlinge nach Ende ihres Asylverfahrens in große Städte übersiedeln, wo viele Landsleute wohnen. „Das würde NRW besonders belasten“, so Kraft. Sie forderte deshalb Wohnsitzauflagen für anerkannte Flüchtlinge.

Bislang können Asylbewerber nur in der Zeit, in denen ihr Asylverfahren läuft, verpflichtet werden, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu leben. Wird ihr Asylantrag positiv beschieden, dürfen sie selbst entscheiden, wo sie wohnen möchten. Mit der nun diskutierten Wohnsitzauflage, die vor Hannelore Kraft auch schon der Bundesvorsitzende der SPD, Sigmar Gabriel, gefordert hatte, soll sich das ändern.

Kanzleramtschef Peter Altmeier (CDU) ist da auf einer Linie mit den SPD-Politikern. „Wir müssen verhindern, dass diejenigen, die Arbeit finden, in die Städte gehen, und dass diejenigen, die keine finden, auch in die Städte gehen.“

Pro Asyl sieht das anders. Zum einen sei nach EU-Recht eine Wohnsitzauflage nicht ohne weiteres möglich. Auch dürften Flüchtlinge, so argumentiert die Flüchtlingshilfeorganisation, von der Politik nicht als zu verwaltende Masse gesehen werden. Das Ziel, sich in Deutschland ein neues Leben aufzubauen, ziehe sie dorthin, wo die Perspektiven sehen. Kommunen aus strukturschwachen Gebieten sollten das als Chance begreifen und mit Integrations- und Jobangeboten um den Zuzug von anerkannten Flüchtlingen werben.

Der Vorstoß von Andrea Nahles für ein Integrationsfördergesetz mit der Androhung von Leistungskürzungen entspricht einer veränderten Tonlage in der Regierung: Auch Kanzlerin Angela Merkel und Innenminister Thomas de Maizière (beide CDU) ließen zuletzt angesichts des Flüchtlingsandrangs Grenzen der „Willkommenskultur“ erkennen.

„Wer einen Neustart in Deutschland will, der muss sein ganzes Können, seine Arbeitskraft und sein eigenes Vermögen einbringen“, sagte Nahles am Montag in Berlin. „Wer sich nicht integrieren will, dem werden wir auch die Leistungen kürzen.“ Ihr Ministerium werde Vorschläge erarbeiten, inwiefern das Asylbewerberleistungsgesetz geändert werden müsse. Die „Logik des Förderns und Forderns“, wie sie bereits bei den Hartz-IV-Regelungen bestehe, müsse auch hier gelten.

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