Grünen-Politiker Kuhn gewinnt OB-Wahl in Stuttgart

Stuttgart (dpa) - Stuttgart wird die erste Landeshauptstadt mit einem grünen Oberbürgermeister: Der Bundestagsabgeordnete Fritz Kuhn gewann am Sonntag die OB-Wahl in Stuttgart im zweiten Durchgang klar mit 52,9 der Stimmen und erlangte damit die absolute Mehrheit.

Kuhns schärfster Konkurrent, der parteilose Unternehmer Sebastian Turner, der von CDU, FDP und Freien Wählern unterstützt wurde, kam nur auf 45,3 Prozent. Für die Union im Südwesten ist das nach der Schlappe bei der Landtagswahl 2011 eine weitere herbe Niederlage. Die CDU stellte fast 40 Jahre lang den Rathauschef in der sechstgrößten Stadt Deutschlands.

Der frühere Grünen-Bundeschef Kuhn will Stadtoberhaupt für alle gut 600 000 Bürger sein. „Ich bin einer für ganz Stuttgart“, sagte der 57-Jährige im Rathaus. Er freue sich, dass die „Schmähkampagne“ seines Konkurrenten Turner nicht gefruchtet habe. Der Geschäftsmann Turner hatte dem Grünen im Endspurt vorgehalten, er wolle überall Tempo 30 und eine City-Maut. Kuhn übernimmt am 7. Januar 2013 das Amt vom langjährigen OB Wolfgang Schuster (CDU). Der Posten des Stuttgarter Oberbürgermeisters gilt traditionell als zweitwichtigstes politisches Amt im Südwesten nach dem des Regierungschefs.

Kuhns Parteifreund, Ministerpräsident Winfried Kretschmann, kam am Sonntagabend ins Rathaus, um mit seinem „alten Weggefährten“ Kuhn auf dessen „grandiosen Erfolg“ anzustoßen. Kuhn werde gute Nerven und Stehvermögen brauchen. „Das ist ein toller Tag für Stuttgart und für Baden-Württemberg“, jubelten die Fraktionschefs im Bundestag, Renate Künast und Jürgen Trittin.

Für die CDU ist es die zweite große Niederlage in einer Großstadt in diesem Jahr. In Frankfurt am Main hatte im März der SPD-Bewerber Peter Feldmann der CDU den OB-Posten weggeschnappt. Im Südwesten hat die Union eine Reihe von Schlappen hinter sich. So hatte sie bei der Kommunalwahl 2009 bereits die Position der stärksten Fraktion im Gemeinderat an die Grünen abgeben müssen. Bei der Landtagswahl im vergangenen Jahr verlor sie nach fast 60 Jahren die Macht an Grün-Rot.

CDU-Landeschef Thomas Strobl räumte eine Niederlage für seine Partei ein. „Wir haben uns für Sebastian Turner ein anderes, ein besseres Ergebnis gewünscht“, sagte der Vorsitzende des bundesweit zweitgrößten CDU-Landesverbandes. Turners Ergebnis sei für diesen selbst und die CDU in Stuttgart eine bittere Enttäuschung. Unionsfraktionschef Volker Kauder sagte in der ARD: „Ein grüner Ministerpräsident, eine grüner Oberbürgermeister - Baden-Württemberg ist nach langen, langen Jahren durch CDU-Regierungen so stark, dass wir das aushalten können.“

In Stuttgart waren 413 000 Menschen zur Wahl aufgerufen. Bei einer Wahlbeteiligung von 47,2 Prozent (erster Wahlgang: 46,7 Prozent) bestimmten sie aus neun Kandidaten den Nachfolger von Schuster, der nach 16 Jahren im Amt nicht noch einmal antreten wollte. Stuttgart hatte seit 1974 CDU-Oberbürgermeister; vor Schuster war es der populäre Manfred Rommel. Kuhn wird acht Jahre lang Dienstherr von knapp 20 000 Menschen seien - in der klassischen Verwaltung und in den städtischen Kliniken.

Kuhn galt bereits nach dem ersten Wahlgang als Favorit. Er erreichte vor zwei Wochen 36,5 Prozent der Stimmen, der 46-jährige Turner erhielt 34,5 Prozent. Die SPD hatte eine Wahlempfehlung für Kuhn abgegeben, nachdem die von ihr nominierte parteilose Sozialbürgermeisterin von Schwäbisch Hall, Bettina Wilhelm, ihre Kandidatur nach 15,1 Prozent der Stimmen und dem dritten Platz zurückgezogen hatte.

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