Grüne ziehen siegesgewiss ins Superwahljahr

Freiburg (dpa) - Die Grünen ziehen mit einem insgesamt gestärkten Spitzenduo Claudia Roth und Cem Özdemir ins Superwahljahr 2011. Erfolge in den Ländern sollen Auftakt für eine Abwahl von CDU-Kanzlerin Angela Merkel 2013 werden.

Özdemir erzielte auf dem Parteitag in Freiburg mit 88,5 Prozent 9,3 Punkte mehr als bei seiner ersten Wahl 2008. Auf die langjährige Co-Vorsitzende Roth entfielen mit 79,3 Prozent 3,4 Punkte weniger.

Roth verschärfte in ihrer Bewerbungsrede die Angriffe auf Union und FDP. „Ich rede von der Schande unseres Landes - und die heißt Schwarz-Gelb“, rief Roth den rund 750 Delegierten zu. „Schwarz-Gelb-Verdrossenheit“ bringe tausende Menschen in Bewegung.

„Wir können es schaffen, dass das nächste Jahr das erfolgreichste Jahr unserer Parteiengeschichte wird“, sagte Roth. Im Superwahljahr 2011 wolle die Partei reihenweise dazugewinnen - in Baden-Württemberg und Berlin spielten die Grünen auf Sieg. „Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir den Anfang vom Ende der Kanzlerschaft Merkel erleben.“

Die Politik Merkels spalte und blockiere Deutschland und reiße das Land in tausend Stücke. „Die Union hat ihr C verraten, hat ihr S verkauft.“ Gerechtigkeit, Ökologie und Zusammenhalt seien Fremdwörter für die Koalition. „Wir klagen an, eine Ursula von der Leyen, die immer mehr ein eiskalter Engel ist.“ Auch an den FDP-Ministern Philipp Rösler und Dirk Niebel ließ Roth kein gutes Haar.

„Multikulti ist Realität und keine Illusion“, hielt Roth der Kanzlerin entgegen. Özdemir warf CSU-Chef Horst Seehofer vor, die „alte Platte“ zu spielen, dass Zuwanderer Deutschen Arbeitsplätze wegnähmen. „Welches Alpenkraut hat der eigentlich geraucht?“ Er versprach ungebrochenen Einsatz für Aufstiegschancen auch ärmerer Kinder: „Wir halten fest an dem Traum, dass unsere Kinder länger gemeinsam lernen.“

Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke wurde mit 81,7 Prozent wiedergewählt, Schatzmeister Dietmar Strehl mit 86,7 Prozent bestätigt.

Nach scharfen Angriffen der Union rief Fraktionschefin Renate Künast: „Lassen wir die anderen, die über uns schwadronieren, rechts liegen.“ Die Grünen seien eine „Konzeptpartei“, keine „Dagegen- Partei“. Vorhaltungen, grüne Ziele seien nicht bezahlbar, widersprach Künast: „Wer zahlt eigentlich, wenn wir nichts tun?“ Der baden- württembergische Spitzenkandidat Winfried Kretschmann sagte: „Wenn man etwas anderes will, steht am Anfang immer ein Nein.“

Ein Antrag gegen den Milliardenbau Stuttgart 21 wurde bei nur einer Enthaltung angenommen. Kretschmann sagte: „Der Stopp ist schwierig, aber er ist notwendig und erfordert Mut - und den bringen wir mit.“

Angesichts aktueller Koalitionsdebatten über die Gewerbesteuer warnten die Grünen vor einem weiteren finanziellen Ausbluten der Kommunen. „Mit uns gibt's keine Streichung der Gewerbesteuer“, sagte Özdemir. Städte und Gemeinden müssten finanziell gestärkt werden. „Es geht um nichts anderes als die Seele der Demokratie.“ Per Beschluss forderten die Grünen eine Ausweitung der Gewerbesteuer auch auf Freiberufler. Die Kommunen sollen für ihnen übertragene Aufgaben stets ausreichend Geld bekommen.

Manche Redner deuteten an, dass die Grünen noch programmatische Hausaufgaben zu machen hätten. „Prioritäten setzen - auch das gehört zu einer guten Politik“, sagte Fraktionsvize Ekin Deligöz. Lemke betonte: „Wir haben kein Grundrecht auf 20-Prozent-Umfragen.“ FDP-Generalsekretär Christian Lindner warf den Grünen im „Hamburger Abendblatt“ vor, sie machten „obszöne Umverteilungsversprechen“.

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