Grüne feiern Wahlerfolg — und fürchten das schwarz-grüne Gespenst

In Niedersachsen holt die Partei das bislang beste Ergebnis. Sorgen bereitet ihr mit Blick auf die Bundestagswahl die schwächelnde SPD.

Hannover/Berlin. „Oooh, nein“, rufen die Grünen-Anhänger bei der Wahlparty in der Berliner Parteizentrale. Der langgezogene Schmerzensruf gilt Sonntagabend kurz nach 18 Uhr nicht dem Abschneiden des Wunschpartners SPD, auch nicht der Zitterprognose insgesamt, sondern den Überraschungszahlen der FDP bei der Landtagswahl in Niedersachsen. Man könnte fast meinen: Die Grünen-Basis nervt der Triumph der Rösler-Partei mehr als die ungewissen eigenen Machtchancen.

Im Internet geht sofort ein Twittersturm los: Ja, es ist das beste Grünen-Ergebnis in Niedersachsen, Glückwünsche gehen von anderen Landesverbänden ein. Doch können sich die Grünen etwas dafür kaufen? Pflichtschuldiger Jubel auf der Wahlparty bei den Grünen-Zahlen — ansonsten bleibt die Stimmung gelassen bis gedämpft.

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sieht im Abschneiden ihrer Partei bei der Landtagswahl in Niedersachsen gute Voraussetzungen für einen Wechsel auch im Bund. Die Menschen wollten eine andere Politik in Niedersachsen und in Deutschland, sagt Roth in Hannover. Bei der Wahlparty in Berlin werden die Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt, und Grünen-Parteichef Cem Özdemir heftig beklatscht.

„Dieser Abend gibt echten Rückenwind für die Bundestagswahl — wir können es schaffen und wir werden es schaffen, Schwarz-Gelb abzulösen“, ruft Göring-Eckardt aus. Zwingend hört sich diese Schlussfolgerung zunächst nicht an.

Özdemir erklärt es so: Knapp ist es, klar. „Aber es zeigt: Es ist möglich. Wenn es in Niedersachsen möglich ist, dann zeigt das: Es ist auch im Bund möglich.“ Aber die SPD, die müsse eben noch eine Schippe drauflegen und in die Puschen kommen, wie der Grünen-Chef es formuliert, ohne den SPD-Kandidaten Peer Steinbrück zu kritisieren. Die Lehre aus Niedersachsen: Die Grünen müssten eben noch stärker werden.

Das schwarz-grüne Gespenst wollen die Grünen vertreiben. Bereits in den vergangenen Wochen der Steinbrück- und SPD-Malaise hatten die ersten einflussreichen Grünen aus den Ländern dafür geworben, Rot-Grün zwar als Ziel zu nennen aber bereits jetzt dazuzusagen, man rede mit allen, wenn es nicht reiche. Was läge näher, als im Zeichen des SPD-Tiefs die festen Ketten zum Wunschpartner zu lösen?

Die Grünen-Strategen fürchten nichts mehr als diese Debatte — denn die übergroße Mehrheit der eigenen Wähler ist laut Umfragen strikt gegen ein Bündnis mit der Union.

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