„Frage des Überlebens“ : Gabriel fordert SPD zu Kurskorrektur auf
Berlin (dpa) - Außenminister Sigmar Gabriel hat die Distanz der SPD zu ihren klassischen Wählerschichten beklagt und von seiner Partei eine grundlegende Kurskorrektur gefordert.
„Umwelt- und Klimaschutz waren uns manchmal wichtiger als der Erhalt unserer Industriearbeitsplätze, Datenschutz war wichtiger als innere Sicherheit“, schrieb der frühere Parteivorsitzende in einem Gastbeitrag für das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Gabriel warnte vor einem weiteren Abstieg der Sozialdemokratie, wenn sie nicht überzeugende Antworten auf den fundamentalen Wandel in Zeiten von Globalisierung und Digitalisierung finde.
Erst wenn die SPD sich wirklich zu den Veränderungen bekenne und daraus auch Konsequenzen ziehe, würden sich die Wahlergebnisse verbessern, schrieb Gabriel. „So gesehen ist es für die Frage des Überlebens der Sozialdemokratie in diesem Land relativ egal, ob wir in die Regierung gehen oder nicht. Für beides gibt es gute Argumente, und vor beidem muss die SPD keine Angst haben.“
Die Idee der Sozialdemokratie fuße seit mehr als 150 Jahren auf gemeinsamer Interessenvertretung, auf kollektivem Handeln und auf einer auf Solidarität ausgerichteten Gesellschaft. „Wenig ist davon übrig.“ Der Nationalstaat könne seine Wohlfahrtsversprechen nicht mehr einlösen.
„Zugespitzt: Fast alle Bedingungen für den sozialdemokratischen Erfolg in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts sind verschwunden. Wenn wir auf diese Fragen und Herausforderungen keine überzeugenden Antworten finden, dann allerdings wird sich der Abstieg der Sozialdemokraten auch in Deutschland fortsetzen - innerhalb einer erneuten Regierung mit der CDU/CSU, aber auch außerhalb in der Opposition“, warnte Gabriel.
Die SPD hatte im September mit 20,5 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl eingefahren. Nach langem Ringen hat sich die Partei nun dazu entschieden, mit der Union die Chancen für eine neue große Koalition zu sondieren.