Interview mit Mieterbund-Direktor „Für Mieter in Metropolen wird es deutlich teurer“

Berlin · Mieterbund-Direktor Siebenkotten kritisiert das Bund-Länder-Modell zur Grundsteuer, ihm zufolge wird das Modell zu deutlichen Mehrbelastungen für Mieter - insbesondere in Ballungsräumen - führen.

 Lukas Siebenkotten, Direktor des Deutschen Mieterbundes.

Lukas Siebenkotten, Direktor des Deutschen Mieterbundes.

Foto: dpa/Rainer Jensen

Nach der jetzt von Bund und Ländern getroffenen Grundsatzvereinbarung soll sich die Höhe der Grundsteuer künftig nach den Grundstückswerten, dem Alter der Gebäude und den durchschnittlichen Mietkosten errechnen. Das jedoch führt nach Einschätzung des Direktors des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, zu deutlichen Mehrbelastungen für Mieter insbesondere in Ballungsräumen. Unser Berliner Korrespondent Stefan Vetter fragte nach:

Herr Siebenkotten, von den Kommunal- und Immobilienverbänden wird der Kompromiss sehr unterschiedlich bewertet. Was sagen Sie?

Siebenkotten: Aus Sicht der Mieter handelt es sich um einen eher schlechten Kompromiss. Wir hatten auf eine Lösung gehofft, die die Mieter in den Städten nicht deutlich stärker belastet als jetzt. Genau diese Gefahr sehen wir nun aber, weil zur Ermittlung der individuellen Grundsteuer auch der Gebäudewert herangezogen werden soll. Auch die durchschnittliche Nettokaltmiete der jeweiligen Region soll eine Rolle spielen. Mit ist völlig unklar, wie man das überall umsetzen will. Zwar verfügt das Statistische Bundesamt dazu über Daten, aber ob die so kleinteilig sind, wie man sie braucht, ist zu bezweifeln. Es geht ja nicht nur um Metropolen wie Berlin oder München, sondern auch um kleine Dörfer etwa in der Eifel.

Dieses Problem ist aber doch lösbar.

Mag sein. Aber auf jeden Fall wird es so sein, dass die Berücksichtigung der durchschnittlichen Mieten denjenigen stärker belastet, der in einem Gebiet mit sehr hohem Mietniveau wohnt. Und das, obwohl der Mieter von den Steigerungen des Wertes der Immobilie überhaupt nicht profitiert. Davon profitiert allein der Eigentümer.

Am Ende können die Kommunen die Grundsteuerbelastung mit ihrem sogenannten Hebesatz mildern. Trauen Sie denen nicht über den Weg?

Da ich selbst einmal Bürgermeister war, kenne ich die finanziellen Sorgen und Nöte der Kommunen. Und die Grundsteuer ist neben der Gewerbesteuer beinah die einzige ergiebige Geldquelle, bei der eine Stadt in Eigenregie entscheidet. Nach meiner Erfahrung spielt der soziale Aspekt da keine Rolle, wohl aber die jeweilige kommunale Kassenlage. Wer dringend Geld braucht, wird den Hebesatz erhöhen.

Die Grundsteuer bringt rund 14 Milliarden Euro pro Jahr. Und dabei soll es nach der jüngsten Verabredung auch bleiben.

Aber das Modell haben sich Bund und Länder ausgedacht. Sie können allenfalls an die Kommunen appellieren, nicht an der Hebesatz-Schraube zu drehen. Sie können sie nicht dazu zwingen.

Hat der Mieterbund einen Vorschlag zur Güte?

Nach dem Urteil das Bundesverfassungsgerichts zur Grundsteuer müssen Wertkomponenten für ihre künftige Neuberechnung eine Rolle spielen. Deshalb sagen nicht nur wir, sondern zum Beispiel auch das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft: Die Wertkomponente sollte ausschließlich der Bodenwert sein. Das wäre unbürokratisch, weil es diese Daten schon gibt. Und es würde bei Mietern in ohnehin schon hochpreisigen Städten weniger ins Kontor schlagen, weil nicht noch zusätzlich der Gebäudewert herangezogen wird wie jetzt beim Bund-Länder-Modell.

Zwischenzeitlich gab es auch die Idee, die Überwälzung der Grundsteuer auf die Miete abzuschaffen. Aber das ist wohl vom Tisch.

Offenbar haben sich SPD sowie Grüne und Linke damit bislang nicht durchsetzen können. Der Deutsche Mieterbund wird deshalb eine Kampagne gegen die Umlegung der Grundsteuer auf die Miete starten. Die Grundsteuer klebt am Grund und Boden, also am Eigentum. Also muss auch der Immobilienbesitzer dafür aufkommen.

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