Friedrich verteidigt Studie über junge Muslime

Berlin (dpa) - Die vom Bundesinnenministerium in Auftrag gegebene Studie zur Integrationsbereitschaft von Muslimen steht weiter im Kreuzfeuer der Kritik. Verbände und SPD bemängelten am Freitag besonderes den Umgang von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) mit den Ergebnissen.

Der Minister selbst verteidigte die Untersuchung grundsätzlich. Zugleich erinnerte er an die Gefahr der Radikalisierung junger Muslime in Deutschland und an den Anschlag eines jungen Islamisten, der vor genau einem Jahr am Flughafen in Frankfurt zwei US-Soldaten tötete.

Für Aufregung hatte unter anderem gesorgt, dass laut Studie fast jeder vierte in Deutschland lebende junge Muslim ohne deutschen Pass Integration ablehnt. Ergebnisse der Untersuchung waren zuerst in der „Bild“-Zeitung erschienen. Der Chef der SPD-Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier, warf Friedrich vor, mit einer Teilveröffentlichung der Untersuchung „billige Schlagzeilen“ produziert zu haben und dann zurückgerudert zu sein. Friedrich bestreitet jedoch, dass sein Ministerium die Studie an die Zeitung gab. Auch Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte die Aussagekraft der Untersuchung infrage gestellt.

Friedrich sagte am Donnerstagabend im ZDF-„heute-journal“, in der Studie gehe es um viele komplexe Randerscheinungen. Er stellte klar: „Die Moslems lehnen in ihrer großen Mehrheit ganz scharf den Terrorismus ab, und die allermeisten sind gerne bereit, sich in Deutschland zu integrieren.“ Daneben sehe er aber kritische Aspekte. „Es gibt eine Zahl von Nicht-Integrationswilligen, und es gibt sicher auch eine Zahl von vor allem jungen Leuten, die für Radikalisierung anfällig sind.“ So habe sich der Attentäter von Frankfurt selbst radikalisiert. „Ich kann diese Phänomene doch nicht ignorieren.“ Der junge Islamist war kürzlich zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Der Chef der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, warf Friedrich in der „Passauer Neuen Presse“ (Freitag) Populismus vor. Man hätte die Ergebnisse der Studie zunächst in der Islamkonferenz vorstellen und beraten sollen, sagte er.

Der Kriminologe Christian Pfeiffer warnte vor pauschaler Angstmache. In der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Freitag) reagierte der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen verärgert auf die Studie: „Wenn wir den Muslimen bereits als Grundschüler die Hand reichen, landen sie auch nicht in der Ecke der Frustrierten, wo sie sich hinter der Religion verschanzen.“ Pfeiffer forderte eine „mutmachende Nachhilfe“ für die Sechs- bis Zwölfjährigen. Die Studie habe mit einigen hundert Befragten zu wenige Teilnehmer gehabt, die zudem bereits zu alt gewesen seien, und sie vernachlässige regionale Aspekte.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, zeigte sich besorgt über Radikalisierungstendenzen junger Muslime. „Die Studie bestätigt unsere Erkenntnisse: Diskriminierung begünstigt Extremismus. Wenn dann noch fanatisierte Religionsvorstellungen dazu kommen, kann das bei einigen Jugendlichen wie ein Brandbeschleuniger wirken“, sagte er „Bild.de“. Jetzt sei die Politik gefragt. Sie müsse die Muslime noch stärker in der Präventionsarbeit unterstützen.

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