Freiwilliger Wehrdienst - „Schnupperkurs Bundeswehr“

FWD: 3419 Freiwillige haben ihren Dienst aufgenommen. Doch sie können jederzeit gehen. Eine neue Situation für die Bundeswehr.

Düsseldorf. „Anzug ordentlich, Gehörschutz rein und ab.“ Nach einem Drei-Kilometer-Marsch mit zehn Kilo schwerem Rucksack steht für die jungen Rekruten die erste Schießübung ihres Soldaten-Daseins in der Westfalen-Kaserne in Ahlen an. Die jungen Menschen sind angespannt — dabei sind sie freiwillig hier.

In Ahlen haben 60 der ersten Freiwilligen Wehrdienstleistenden — kurz: FWD — ihren Dienst im Juli angetreten. Sie ersetzen die Grundwehrdienstleistenden, die es mit der Aussetzung der Wehrpflicht nicht mehr gibt. Erst seit wenigen Tagen hat der Dienst der bundesweit 3419 jungen Frauen und Männer begonnen. Die FWDs in Ahlen werden für den zentralen Sanitätsdienst ausgebildet. Doch von den ursprünglich 66 Freiwilligen haben bereits sechs, knapp zehn Prozent, ihre Koffer gepackt und mit der Bundeswehr abgeschlossen.

Aufhören ist für Artjom Drefs (22) keine Option. „Ich wusste nicht, was ich nach dem Abitur machen sollte und sehe den Wehrdienst als eine gute Weiterbildungs-Möglichkeit“, sagt er. „Man muss sich an das frühe Aufstehen gewöhnen, und auch das Kameradschaftsgefühl muss erst wachsen“, sagt Drefs. Trotzdem gefällt ihm die Bundeswehr. „Ich schätze, dass sich nicht jeder so gut anpassen kann“, versucht er die Abgänge zu erklären. Drefs hat sich für zwölf Monate verpflichtet. Danach möchte er studieren, „etwas mit Kunst oder auf Lehramt“. Sein verdientes Geld diene dann als Polster.

„Ein Ansporn für die Freiwilligen ist natürlich die gute Bezahlung“, sagt Pressefeldwebel Patrick Paßmann. Das reiche nicht als Motivation, denn „Soldat-Sein ist eine Berufung“. Der Freiwillige Wehrdienst biete einen Einblick. Einen „Schnupperkurs Bundeswehr“, nennt es der Kommandeur Oberfeldarzt Johannes Grohmann.

Die Freiwilligen können sich im ersten halben Jahr jederzeit entschließen, die Bundeswehr sofort zu verlassen. Wer nach der Probezeit weg will, müsse zum Monatsende eine Dienstzeitverkürzung beantragen, erklärt ein Wehrdienstberater.

Die Bundeswehr befindet sich damit in einer völlig neuen Situation. „Ich kann Freiwillige nicht mehr bestrafen, wenn sie nicht zum Dienst erscheinen, die Disziplinierungsmöglichkeiten sind mir genommen.“ Für Grohmann ist das aber kein Grund, etwas an der Ausbildung zu ändern. „Der Dienst muss zumutbar sein. Es stellt sich nur die Frage, was die jungen Menschen als zumutbar empfinden.“ Alles könne einen Freiwilligen stören, „das fängt beim langen Marsch an und hört bei den Vierbettzimmern auf“. Die Bundeswehr müsse überlegen, was das für die Ausbildung bedeutet.

„Die Standorte müssen attraktiv sein“, glaubt Grohmann. Neu sei schon jetzt, dass sich die Freiwilligen ihre Dienstorte und Tätigkeiten selbst aussuchen können. Das Projekt FWD hat gerade erst begonnen. „Mal gucken, wie viele nach den sechs Monaten noch da sind“, sagt Grohmann.

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