Missbrauchsskandal Fraktionen einigen sich auf Untersuchungsausschuss im Fall Lügde

Düsseldorf · Bis zuletzt wurde verhandelt, dann schafften CDU, FDP, SPD und Grüne im NRW-Landtag doch noch, sich auf einen Untersuchungsausschuss zum Missbrauchsfall Lügde zu einigen. Kurz vor dem Start des Strafprozesses setzen sie damit auch ein politisches Zeichen.

Fraktionen einigen sich auf Untersuchungsausschuss im Fall Lügde
Foto: dpa/Guido Kirchner

Zwei Tage vor Beginn des Prozesses zum massenhaften Kindesmissbrauch in Lügde haben sich Regierungs- und Oppositionsfraktionen im NRW-Landtag auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses geeinigt. Das gaben CDU, FDP, SPD und Grüne am Dienstag bekannt. Vorausgegangen war ein zähes Ringen um einen gemeinsamen Antrag. Die AfD war nicht daran beteiligt. Der Landtag will den Ausschuss am Mittwoch offiziell einsetzen.

Auf einem Campingplatz in Lügde an der Landesgrenze zu Niedersachsen sollen über viele Jahre hinweg mehr als 40 Jungen und Mädchen schwer sexuell missbraucht und dabei teilweise gefilmt worden sein. Drei Männer sind vor dem Landgericht angeklagt. Am Donnerstag beginnt der Prozess in Detmold.

Der Untersuchungsausschuss soll Fehlverhalten auf allen mit den Vorgängen befassten Ebenen oder Behörden aufklären. Dies könne nur gelingen, „wenn das Handeln von Polizei, Landkreisbehörden und Landesregierung im Fall Lügde gleichermaßen intensiv untersucht wird“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Der Ausschuss befasst sich mit drei Komplexen: Polizei und Staatsanwaltschaft, Jugendämter sowie dem Umgang der Landesregierung mit dem Fall.

Unter den Fraktionen hatte es Streit gegeben, in welcher Reihenfolge die Komplexe behandelt werden sollen. Der CDU sei es wichtig, dass die entsetzlichen Taten im Mittelpunkt der Aufklärung stehen sollten, sagte Fraktionschef Bodo Löttgen. Das sei aber nicht möglich, wenn erst ein halbes Jahr über Kommunikationsdefizite in der Landesregierung geredet werde.

Polizei und Jugendämter stehen in der Kritik, weil sie Hinweisen auf den Hauptverdächtigen nicht nachgegangen sein sollen. So hätten bereits Hinweise auf sexuellen Missbrauch vorgelegen, als geprüft wurde, ob dem 56-jährige Hauptverdächtigen eine Pflegetochter in Obhut gegeben werden sollte.

„Dieser Untersuchungsausschuss soll alle Umstände des massenhaften Kindermissbrauchs lückenlos aufklären“, erklärten die vier Fraktionsvorsitzenden. „Das sind wir den Opfern und deren Angehörigen schuldig.“

FDP-Fraktionschef Christof Rasche sagte, es sei „klug, vernünftig und notwendig“, dass die vier Fraktionen sich zusammengeschlossen hätten. Der Untersuchungsausschuss werde „hoffentlich dazu beitragen, dass so etwas nie wieder in NRW oder auch Deutschland passiert“. Die Fraktionen hätten bewusst darauf verzichtet, den Namen Lügde im Titel des Ausschusses zu nennen, sagte Löttgen. Die Taten hätten auch an anderen Orten geschehen können.

(dpa)
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