Babyboomer Bevölkerungsforscher: Alterung belastet Arbeitsmarkt kaum

Berlin · Experten des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung halten die düsteren Erwartungen für die Zukunft des Arbeitsmarktes für unbegründet.

 Nach Meinung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung soll sich trotz dem Ausscheiden vieler Arbeitnehmer der Arbeitsmarkt nicht so negativ entwickeln, wie von vielen Fachleuten befürchtet.

Nach Meinung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung soll sich trotz dem Ausscheiden vieler Arbeitnehmer der Arbeitsmarkt nicht so negativ entwickeln, wie von vielen Fachleuten befürchtet.

Foto: dpa/Ingo Wagner

Trotz Zuwanderung und gestiegener Geburtenzahlen wird sich die Alterung in Deutschland deutlich beschleunigen. Für den Arbeitsmarkt der Zukunft muss das aber kein Horrorszenario sein, denn die  Beschäftigungspotenziale sind noch nicht ausgeschöpft. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), die  am Donnerstag in Berlin veröffentlicht wurde.

BiB-Direktor Norbert F. Schneider sprach von einem „Wendepunkt“ in der demografischen Entwicklung. Und die Zahlen seines Instituts klingen zweifellos dramatisch: Demnach werden in den nächsten beiden Jahrzehnten  mehr als 20 Millionen Menschen in Deutschland das Ruhestandsalter erreicht haben. Das sind die „Babyboomer“, also die besonders geburtenstarken Jahrgänge der 1950er und 1960er Jahre. Umgekehrt kommen im gleichen Zeitraum aber nur etwa 14 Millionen Menschen ins erwerbsfähige Alter. Nach den Vorausberechnungen des BiB wird sich diese „demografische Lücke“ ab sofort deutlich vergrößern und um das Jahr 2030 ihren Höhepunkt erreichen: Etwa 500.000 Menschen mehr werden dann ihren 67. Geburtstag feiern können als jüngere Personen ihre Volljährigkeit. Und dabei ist schon eine moderate Nettozuwanderung von durchschnittlich 200.000 Personen pro Jahr eingerechnet.

Laut Untersuchung ist dieses eher düstere Szenario allerdings weniger einschneidend für den Arbeitsmarkt als von vielen anderen Fachleuten befürchtet. So sei die Erwerbsbeteiligung der 60- bis 64-Jährigen seit 2004 von 25 Prozent auf 58 Prozent gestiegen. In der EU verzeichnet nur Schweden eine höhere Quote (68 Prozent). Auch die Erwerbstätigenquote von Frauen habe in diesem Zeitraum deutlich zugelegt –  von 53 auf 73 Prozent. „Aussagekräftiger als die Erwerbsquoten ist jedoch die Zahl der insgesamt erbrachten Arbeitsstunden“, erläuterte Schneider.  Insbesondere durch die Zunahme der Teilzeitbeschäftigung von Frauen hat sich die Zahl der wöchentlichen Arbeitsstunden in Deutschland seit 2004 von 1,29 auf 1,45 Milliarden erhöht. Hier rechnet das BiB mit einem weiteren Anstieg, auch weil Untersuchungen zeigten, dass viele Frauen gern länger arbeiten würden. Wegen der schrittweisen Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 67 Jahre hält Schneider das Erwerbspotenzial bei den Älteren ebenfalls noch nicht für ausgereizt.

Und noch ein dritter Faktor könnte laut Studie die demografischen Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt lindern helfen: ein wachsender  Bildungsgrad. „Beim Vergleich der Bildungsgruppen ist zu berücksichtigen, dass Akademiker in der Regel in einem höheren Alter in den Arbeitsmarkt einsteigen und länger dort verbleiben“, heißt es in der Untersuchung. Derzeit verfügen etwa 26 Prozent der 60- bis 64-Jährigen über einen höheren Bildungsabschluss. In 20 Jahren könnten es laut BiB 29 Prozent sein.

Experte: Lücke „weitgehend“ zu schließen

Unter dem Strich konnten die Lücken, die der Renteneintritt der Babyboomer verursacht, damit „weitgehend“ geschlossen werden, meinte der BiB-Experte Sebastian Klüsener. Dafür müssten allerdings auch die politischen Rahmenbedingungen stimmen. Klüsener zählte dazu Investitionen in lebenslange Bildung, weitere Erleichterungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf  sowie Maßnahmen zur Gesundheitsförderung für ältere Erwerbstätige.

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