Flüchtlingskrise: SPD setzt Frist und CSU droht mit Karlsruhe

Berlin (dpa) - In der Flüchtlingskrise verstärken die Koalitionspartner SPD und CSU den Druck auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie müsse zügig die versprochene europäische Lösung herbeiführen, sagte SPD-Bundestagsfraktionschef Thomas Oppermann der Deutschen Presse-Agentur.

Flüchtlingskrise: SPD setzt Frist und CSU droht mit Karlsruhe
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Der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel setzte dafür eine Frist: „Wenn die Maßnahmen im Frühjahr nicht Wirkung zeigen, bewegen wir uns auf Zahlen zu, die schwierig werden“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Auch die CSU drängelt. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer drohte mit einer Verfassungsklage in Karlsruhe: „In den nächsten 14 Tagen werden wir die Bundesregierung schriftlich auffordern, an den Grenzen wieder rechtlich geordnete Verhältnisse herzustellen“, sagte der CSU-Vorsitzende dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. „Wenn sie das nicht tut, wird der Staatsregierung gar nichts anderes übrig bleiben, als vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen.“

2015 hatte Deutschland knapp 1,1 Millionen Flüchtlinge aufgenommen. Immer noch kommen täglich im Schnitt etwa 3000 Flüchtlinge über die bayerische Grenze. Die Kanzlerin setzt zur Reduzierung des Flüchtlingszustroms auf eine Bekämpfung der Fluchtursachen, eine engere Zusammenarbeit mit der Türkei zur Überwachung der EU-Außengrenzen sowie eine solidarische Verteilung der Schutzsuchenden unter den EU-Mitgliedsstaaten.

Gabriel forderte: „Wir müssen von einer chaotischen zu einer planbaren Zuwanderung kommen. Zur Wahrheit gehört auch: Wenn die Sicherung der Außengrenzen der EU nicht gelingt, dann sind die offenen Grenzen in Europa in Gefahr.“ Oppermann sagte mit Blick auf Merkel: „Wenn sie bei den europäischen Partnern scheitert, fürchte ich, dass der Druck so groß werden wird, dass sich die Reisefreiheit in Europa nicht mehr aufrechterhalten lässt.“

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warb um Geduld. „Denn es gibt nicht die eine Entscheidung, die alle Probleme löst, und nicht ein Konzept, das über Nacht die Situation verändert“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Samstag).

Grünen-Chefin Simone Peters erklärte, die aufgeregten Rufe nach Ultimaten, Obergrenzen oder Bedingungen bei der Flüchtlingsaufnahme weckten lediglich unerfüllbare Erwartungen. „Von der Bundesregierung muss ein geschlossenes Signal der Ermutigung ausgehen. Sonst werden vor allem Pegida, AfD und Co. davon profitieren“, warnte Peters.

Auch von der katholische Kirche kamen mahnende Worte. Der Kölner Kardinal Rainer Woelki warnte vor einer Abschottung des Westens vor Zuwanderern. „Unser christliches Abendland werden wir nicht dadurch retten, dass wir Schotten oder Grenzen dicht machen“, sagte er am Samstag in Düsseldorf. Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, rief in Mainz zur Solidarität und Verständnis für Flüchtlinge auf: „Sie sind da, leibhaftige Menschen wie wir, sie lassen sich nicht mehr trösten und zur Geduld ermahnen, sie brechen auf.“

Die CSU-Landtagsfraktion will Merkel bei ihrem Besuch der Klausurtagung in Wildbad Kreuth am Mittwoch einen Forderungskatalog übergeben. Man habe mehrere Wochen Ruhe gegeben, um ihr die Umsetzung ihrer Ideen zu ermöglichen, „aber es ist nichts passiert“, kritisierte Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer in der „Passauer Neuen Presse“. Um eine Obergrenze der Flüchtlingsaufnahme umzusetzen, müsse eine Kaskade von Grenzschließungen entlang der Balkanroute in Gang gesetzt werden.

Im Streit mit der Union um letzte Details beim Asylpaket II geht die Geduld der SPD zu Ende. „Die Uhr tickt. Wir warten darauf, dass Innenminister de Maizière endlich den Gesetzentwurf vorlegt“, sagte Fraktionschef Oppermann der dpa. Der innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer, konterte: „Zu einer politischen Einigung gehören immer zwei.“ Gerade beim Thema Familiennachzug habe sich bislang die SPD quergestellt.

De Maizière hat bereits mehrere Entwürfe für das Asylpaket vorgelegt. Bislang gibt es darüber aber noch keine Einigung in der großen Koalition. Dies wird jedoch in Kürze erwartet.

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