Finanzamt Fiskus hat Rentner im Visier

Warum immer mehr Ruheständler Steuern zahlen müssen und wie sie die Last verringern können.

Finanzamt: Fiskus hat Rentner im Visier
Foto: Siewert Falko

Düsseldorf. Noch vor wenigen Wochen war die Freude groß: Die gesetzlichen Renten sollen ab Juli 2016 um viereinhalb Prozent im Westen und um fünf Prozent im Osten steigen. Eine derart üppige Steigerung gab es seit vielen Jahren nicht.

Dass die Erhöhung auch Nachteile haben kann, zeigt die Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Linken im Bundestag. Denn weitere 70 000 Rentner müssen nun Steuern zahlen, weil sie durch die Erhöhung das steuerfreie Existenzminimum überschreiten. Der Staat rechnet mit zusätzlichen Einnahmen von rund 310 Millionen Euro.

Im nächsten Jahr werden damit etwa 3,9 Millionen Rentnerhaushalte (Einzelpersonen und zusammen veranlagte Paare) steuerpflichtig sein. Sie müssen jedes Jahr ihre Steuererklärung abgeben.

Dass von den gut 20 Millionen Rentnern hierzulande fast jeder fünfte einkommensteuerpflichtig ist, hat allerdings weniger mit den Rentenerhöhungen der vergangenen Jahre zu tun. Der Hauptgrund ist die nachgelagerte Besteuerung, die im Jahr 2005 begonnen hat und bis 2040 schrittweise umgesetzt wird.

Konkret heißt das: Während Beitragszahler während des Erwerbslebens zunehmend steuerfrei in die Altersvorsorge einzahlen, müssen Neurentner einen steigenden Anteil ihrer Renten versteuern. 2015 liegt dieser Anteil bei 70 Prozent, 2016 werden es 72 Prozent sein. 2005 lag der zu versteuernde Anteil noch bei 50 Prozent, 2040 wird er 100 Prozent erreicht haben.

Dem Fiskus wird bei seinem Zugriff allerdings eine Grenze gesetzt: Das steuerfreie Existenzminimum (der Grundfreibetrag) bleibt unangetastet. Da die gesetzlichen Renten in der Regel deutlich niedriger liegen als das Einkommen während des Erwerbslebens, profitieren Ruheständler vom Grundfreibetrag stärker als berufstätige Durchschnittsverdiener.

In diesem Jahr liegt der Grundfreibetrag bei 8472 Euro, für Paare sind es 16 944. Damit bleiben 706 (Paare: 1412) Euro der monatlichen Rente steuerfrei — nur das Einkommen jenseits dieses Betrages hat den Fiskus zu interessieren. Im nächsten Jahr soll der Grundfreibetrag auf 8652 Euro steigen. Steuerfrei bleibt dann ein monatliches Einkommen von 721 Euro.

Wer im kommenden Jahr in den Ruhestand tritt und aus der gesetzlichen Rentenkasse monatlich 1000 Euro bekommt, muss bis zu seinem Lebensende 72 Prozent versteuern, also 720 Euro. Der Rentner liegt damit im nächsten Jahr einen Euro unter der Freibetragsgrenze. Dass die Zahl der Rentner, die eine Steuererklärung abgeben müssen, stetig steigt, hat noch einen weiteren Grund: Die Ruheständler verfügen neben der gesetzlichen Rente noch über weitere Einkommen, zum Beispiel Erträge aus Kapitalanlagen oder Mieteinnahmen. Wer aus mehreren Quellen Einkünfte bezieht, ist in jedem Fall steuerpflichtig.

Längst nicht in allen Fällen führt eine Steuererklärung dazu, tatsächlich Steuern zahlen zu müssen. Mit Freibeträgen und Pauschalen kann die Steuerlast gedrückt oder ganz vermieden werden. Hinzu kommen Ausgaben, die absetzbar sind, zum Beispiel Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, für Privathaftpflicht-, Unfall- und Sterbegeldpolicen. Gleiches gilt für Spenden, Gewerkschaftsbeiträge und Handwerkerlöhne. Erst wenn trotz dieser Kosten der Grundfreibetrag überschritten wird, sind Steuern fällig.

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