FDP droht mit Ablehnung des Betreuungsgeldes

Berlin (dpa) - Die Union gerät mit der geplanten Geldspritze für Eltern, die ihre Kinder nicht in eine Kita schicken, immer stärker in die Defensive. Auch die Liberalen stellen sich zunehmend quer. Die FDP droht wegen verfassungsrechtlicher Bedenken mit einer Ablehnung im Parlament.

„Ich bezweifle, dass der Bund für die Einführung eines Betreuungsgeldes überhaupt zuständig ist“, sagte die Vorsitzende des Familienausschusses im Bundestag, Sibylle Laurischk (FDP), der „Rheinischen Post“ (Mittwoch). Der Bund sei nur dann zuständig, wenn es etwa um die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland gehe. „Diese Voraussetzung kann ich beim Betreuungsgeld nicht erkennen“, betonte Laurischk und fügte hinzu: „Die FDP-Fraktion wird einem Gesetz, das verfassungsrechtlich zweifelhaft ist, nicht zustimmen können.“

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe widersprach dieser Ansicht. Dabei handle es sich um eine Minderheitsmeinung von Staatsrechtlern. Gröhe erwartet, dass der Widerstand in der CDU gegen das Betreuungsgeld bröckelt. Verschiedene Skeptiker hätten inzwischen ausdrücklich anerkannt, dass es bei der Barauszahlung bleiben solle. Bislang 24 CDU-Abgeordnete haben in einem Brief mit Ablehnung im Parlament gedroht.

Das Bundesfamilienministerium wies Berechnungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zurück, wonach die Kosten für das Betreuungsgeld auf jährlich zwei Milliarden Euro steigen könnten. Die Regierung selbst veranschlagt die Ausgaben auf 1,2 Milliarden Euro pro Jahr.

Nach Ansicht von Ministeriumssprecher Christoph Steegmans geht das Institut von der falschen Annahme aus, dass der für August 2013 vereinbarte Rechtsanspruch für Kleinkinder auf einen Hortplatz nicht eingelöst werden kann und deshalb verstärkt Betreuungsgeld in Anspruch genommen wird. Es gebe aber keinen Hinweis, dass ein Bundesland die Vorgaben nicht erfülle. Steegmans wies darauf hin, dass von den vom Bund bewilligten Geldern für den Kita-Ausbau bislang 700 Millionen überhaupt noch nicht abgerufen wurden.

Für die Opposition rechnet sich die Regierung die tatsächlichen Kosten bewusst schön. „Zwei Milliarden Euro wären ein stolzer Preis für die Pflege einiger Traditionalisten in den Unionsparteien“, meinte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß.

Eltern in Deutschland geben im Jahr rund 237 Milliarden Euro für ihre Kinder aus. Dem stehen nach einer Berechnung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, die der „Leipziger Volkszeitung“ vorlag, jährliche bundesstaatliche Familienleistungen von 168 Milliarden Euro gegenüber. Dazu zählen direkte Unterstützungen in Höhe von etwa 89 Milliarden, zum Beispiel durch Kinderfreibeträge oder Kindergeld. Rund 79 Milliarden Euro fließen in die meist kostenlose Infrastruktur wie Jugendhilfe, Familienmitversicherung oder Kindergärten.

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