Mecklenburg Vorpommern Familienministerin Schwesig: Zurück in die Provinz ohne Karriereknick

Familienministerin Schwesig wird Regierungschefin in Schwerin. Mit dieser Rochade hat Schulz gleich mehrere interne Probleme gelöst.

 Familienministerium Manuela Schwesig bezeichnete Mecklenburg Vorpommern als ihre politische Heimat. Nun kehrt sie dorthin zurück.

Familienministerium Manuela Schwesig bezeichnete Mecklenburg Vorpommern als ihre politische Heimat. Nun kehrt sie dorthin zurück.

Foto: Jens Büttner

Berlin. Ihre engsten Mitarbeiter im Familienministerium hatte Manuela Schwesig bereits am späten Montagabend unterrichtet: Wegen einer überraschend diagnostizierten Krebserkrankung von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering wird eine der größten Hoffnungsträgerinnen der SPD ihren Arbeitsplatz von Berlin nach Schwerin (zurück)verlegen und dort die Posten des Regierungs- und Landesparteichefs übernehmen. Am Dienstagvormittag ging diese brisante Nachricht dann als Eilmeldung über die Ticker.

Bereits zwischen 2008 und 2013 war Schwesig Sozialministerin in „MV“ gewesen, wie das flache Land an der Ostseeküste dort genannt wird. „Das ist meine politische Heimat“, hat sie einmal gesagt. Und mit großer Leidenschaft mischte Schwesig 2016 auch beim Landtagswahlkampf mit, auf dass Sellering zum dritten Mal in Folge Ministerpräsident werden konnte. Zur eigentlichen Bühne war Schwesig aber längst die Bundespolitik geworden. 2009 zur stellvertretenden SPD-Vorsitzenden gewählt, Mitglied in den „Schattenkabinetten“ der Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück und 2013 schließlich Bundesfamilienministerin. Eine atemberaubende Karriere, wenn man bedenkt, dass Schwesig der SPD erst 2003 beitrat.

Trotzdem wurde sie in Berlin anfangs ziemlich unterschätzt. Ostdeutsch, blond und für „Gedöns“ zuständig, wie einst Gerhard Schröder über jenes Ressort höhnte, all das schien perfekt zu Schwesigs Spottnamen „Küsten-Barbie“ zu passen. Aber die Gegner in und außerhalb der SPD sollten sich täuschen. Mit der Frauenquote in Führungspositionen vermochte Schwesig die Union gewaltig zu nerven. Genauso wie mit dem Reizthema Lohngleichheit von Mann und Frau. Dennoch konnte sich Schwesig weitestgehend durchsetzen. Auch beim Elterngeld Plus. Parteifreunde schätzen ihre Hartnäckigkeit. Als jüngsten Erfolg darf die 43jährige Sozialdemokratin die Aufbesserung des Unterhaltszuschusses für Alleinerziehende verbuchen. Zuletzt zeichnete Schwesig für das Familienkapitel im SPD-Wahlprogramm verantwortlich. Die darin verankerte Einführung einer kinderfreundlichen Familienarbeitszeit samt Familiengeld geht auf sie zurück.

Wer so umtriebig ist und ehrgeizig dazu, der ist eigentlich für noch Höheres berufen. Schwesig jedenfalls hätte gern weiter die Berliner Bühne bespielt. Eines Tages vielleicht sogar als Kanzlerkandidatin oder/und SPD-Chefin. Dass es nun durch Umstände, die sich jedem politischen Kalkül entziehen, anders kommt, ist trotzdem kein Karriereknick. Im Gegenteil. Wer einmal Ministerpräsident war, der hat erst recht das Zeug für eine bundespolitische Rolle. Siehe Peer Steinbrück oder Sigmar Gabriel. Schwerin dürfte sich für Schwesig also eher wie eine bundespolitische Verschnaufpause anfühlen - in vier Jahren wird in „MV“ wieder neu gewählt.

Auch bei der SPD selbst beginnt nun erst einmal das Stühlerücken. Katarina Barley (48), als Parteigeneralsekretärin zuletzt stark umstritten, wird Schwesig im Familienressort nachfolgen. Auf diesem politischen Feld ist die promovierte Ex-Richterin noch ein unbeschriebenes Blatt. Ebenso wie Schwesig ist Barley zweifache Mutter. An ihre Stelle im Willy-Brandt-Haus tritt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil. Der 44jährige Niedersachse war bereits zwischen 2005 und 2009 Generalsekretär der Sozialdemokraten und organisierte in dieser Eigenschaft damals den Bundestagswahlkampf für Steinmeier mit. Genau darauf baut nun offenkundig Kanzlerkandidat Martin Schulz. Bei der Wahl im Herbst komme es auf die Mobilisierung der SPD-Basis an, meinte Schulz am Dienstag. Dafür sei Heil ein „erfahrener Wahlkämpfer“ und eine „ganz ausgezeichnete Verstärkung“.

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