Kalte Progression im Fokus Es wird noch regiert: Milliarden-Entlastung für Familien

Berlin (dpa) - Mit einem milliardenschweren Paket sollen Familien in Deutschland finanziell entlastet werden und mehr Geld in der Tasche haben. Das Bundeskabinett beschloss einen entsprechenden Entwurf von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD).

Kalte Progression im Fokus: Es wird noch regiert: Milliarden-Entlastung für Familien
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Eine Familie mit einem Bruttojahresgehalt von 60.000 Euro wird ab 2019 zum Beispiel um 9,36 Prozent entlastet, das bedeutet für sie 251 Euro mehr im Jahr. Die gesamte Entlastungssumme liegt bei 9,8 Milliarden Euro jährlich.

Das ist konkret von Union und SPD geplant: Eine Kindergelderhöhung um zehn Euro ab Juli 2019 - ab Januar 2021 um weitere 15 Euro, ein höherer Grundfreibetrag bei der Steuer und zusätzlich ein höherer Kinderfreibetrag. Hinzu kommt eine Entlastung mittlerer und unterer Einkommen bei der sogenannten kalten Progression. Durch diese kleinen Änderungen kann die Steuerlast spürbar gemindert werden.

Aber nicht nur Familien sollen mehr Geld in der Tasche haben. Wegen der hohen Steuereinnahmen, die ein Resultat der derzeit gut laufenden Konjunktur und geringen Arbeitslosenzahlen sind, hat Scholz auch zusätzliche Entlastungen bei der Einkommensteuer angekündigt. Bis 2022 können Bund, Länder und Gemeinden mit bis zu 63,3 Milliarden Euro mehr an Einnahmen rechnen, wie die Steuerschätzung im Mai ergeben hatte.

Insgesamt soll die „kalte Progression“ deshalb um rund 2,2 Milliarden Euro im kommenden Jahr abgebaut werden, diese Summe ist in der Gesamtentlastung von 9,8 Milliarden Euro für 2019 eingerechnet.

2020 soll diese Entlastungssumme dann 2,1 Milliarden Euro betragen. Das Problem der „kalten Progression“ entsteht, wenn Einkommens- und Lohnerhöhungen nur die Inflation, also die Teuerung von Produkten ausgleichen, die Kaufkraft aber kaum steigt. Durch den Tarifverlauf bei der Einkommensteuer zahlt man dann überproportional mehr Steuern.

Gemäß des nun beschlossenen Pakets werden aber auch höhere Einkommen etwas entlastet. Bei einem Familieneinkommen von 120.000 Euro brutto soll die Entlastung 380 Euro im Jahr betragen - 1,8 Prozent Einsparung im Vergleich zu 2018. Das alles helfe „vielen Familien ganz konkret im Portemonnaie“, sagte Familienministerin Franziska Giffey (SPD). Zudem arbeite ihr Ministerium daran, den Kinderzuschlag für einkommensschwache Familien zu erhöhen und zu vereinfachen, Ziel ist es, dass weniger Familien in Deutschland von Armut bedroht sind.

Bei den Berechnungen der Entlastungen wird von der Regierung eine Inflationsrate von 1,84 Prozent (2019) und 1,95 Prozent (2020) angenommen. Der Grundfreibetrag der Steuerzahler soll von 9000 auf 9168 Euro (2019) und später 9408 Euro (2020) steigen. Auch der Höchstbetrag für den Abzug von Unterhaltsleistungen soll leicht steigen. Der Kinderfreibetrag soll von 7428 auf 7620 Euro (2019) und später dann auf 7812 (2020) erhöht werden. Allerdings ist ein Teil der geplanten Entlastungen gesetzlich ohnehin geboten, weshalb Teile der Opposition das Paket als eine Mogelpackung kritisieren.

Grundlage ist hier der Existenzminimumbericht - danach richtet sich zum Beispiel die Höhe steuerlicher Freibeträge. Die FDP forderte stärkere Entlastungen. „Im Familienentlastungsgesetz beschränkt sich die große Koalition überwiegend auf Maßnahmen, die von unserer Verfassung gefordert werden, wie eine geringfügige Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags und des Kindergeldes sowie eine geringe Abmilderung der kalten Progression“, sagte der Finanzpolitiker Florian Toncar. Angesichts der Steuereinnahmen seien knapp zehn Milliarden Entlastung viel zu wenig.

Die Grünen vermissen dagegen vor allem Schritte für eine stärkere Unterstützung von armen Familien in Deutschland. Jeder Euro mehr Kindergeld werde bei Familien mit Hartz-IV-Bezug direkt wieder abgezogen. „Es ist eine Schande, dass in Deutschland trotz bester Wirtschaftslage jedes fünfte Kind in Armut aufwächst - und daran wird sich auch mit dem Familienentlastungsgesetz nichts ändern“, kritisierte die Bundestagsfraktionschefin Katrin Göring-Eckardt.

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