Premiere im Parlament Erstmals öffentliche Anhörung: Geheimdienst-Chefs stellen sich Fragen des Kontrollgremiums

Erstmals stellen sich die obersten Chefs der Bundesbehörden einer öffentlichen Anhörung.

 Geheimdienstchefs unter sich: der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen (v.l.n.r.), der Präsident des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), Christof Gramm, und der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl.

Geheimdienstchefs unter sich: der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen (v.l.n.r.), der Präsident des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), Christof Gramm, und der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl.

Foto: Bernd von Jutrczenka

Berlin. Die drei Schwergewichte umweht so gar nichts Geheimnisvolles. Doch Bruno Kahl, Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), Hans-Georg Maaßen, Präsident des Verfassungsschutzes (BfV) und Christof Gramm, Chef des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), gehören zu den wichtigsten Männern, wenn es um die Sicherheit der Bundesrepublik geht. Niemand weiß mehr über akute Bedrohungen. Wie ticken sie und ihre Dienste?

Erstmals mussten am Donnerstag die obersten deutschen Geheimdienstler öffentlich dem neunköpfigen Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages Rede und Antwort stehen. Das hat es so noch nie gegeben. Denn normalerweise äußern sich die Nachrichtendienstchefs vor den Kontrolleuren nur hinter verschlossenen Türen. Und das in einem abhörsicheren Raum im Keller des Reichstages.

2016 hatte der Bundestag jedoch eine Reform der parlamentarischen Kontrolle auf den Weg gebracht und unter anderem beschlossen, einmal jährlich eine öffentliche Anhörung der drei Chefs zu veranstalten. Kein Kreuzverhör, eher ein Ritt durch die Welt der hiesigen Geheimdienste. Wenn Fragen heikel gewesen wären, hätten auch sofort die Experten aus Kanzleramt und Innenministerium im Ausschusssaal auf Geheimhaltung gepocht. Trotzdem gab es wichtige Erkenntnisse.

Drei Stunden, drei Obere mit denselben Hinweisen: Die Kooperation der Bundesbehörden funktioniert inzwischen, der Informationsaustausch und die Harmonisierung der Rechtslage mit den Bundesländern könnte aber besser sein. Die wichtigste Botschaft war aber wohl diese: In Deutschland ist die Gefährdungslage so komplex wie nie. Islamistische Terroristen, Links- und Rechtsextremisten, Cyberkriminelle sind die Gegner, die die Sicherheit des Landes bedrohen. „In all unseren Geschäftsfeldern boomt es“, sagte Verfassungsschutz-Präsident Maaßen.

Er betonte, der Verfassungsschutz sei „der Brandmelder“. Ausstattung und Befugnisse müssten deshalb immer an die Sicherheitslage angepasst sein. „Wir brauchen einen vollen Instrumentenkasten.“ Nur die Dienste könnten Terroranschläge im Vorfeld aufdecken und verhindern. Also präsentierte Maaßen „einige Wünsche gerade im technischen Bereich“. Der Verfassungsschutz müsse sich etwa direkten Zugang zur Kommunikation potenzieller Gefährder bei Messenger-Diensten wie Whatssapp verschaffen dürfen. Er wüsste etwa auch gerne, wer sich gerade in Deutschland auf seinem Computer Enthauptungsvideos anschaue.

Auch viel Werbung in eigener Sache betrieben die Chefs. Aus gutem Grund: Die letzten Jahre waren nicht nur eine Erfolgsgeschichte für die Geheimen. Das rechte Terrornetzwerk NSU mordete jahrelang unentdeckt, und der Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri schlüpfte durch viele Netze. Und nicht zu vergessen die Verquickung deutscher Spione in die NSA-Spähaffäre. In einigen Untersuchungsausschüssen waren die Geheimdienstler daher arg in die Zange genommen worden. Immer dabei: Christian Ströbele. Der Grüne hat zwar nicht mehr für den Bundestag kandidiert, ist aber bis zur Neuwahl des Kontrollgremiums noch Mitglied. Ströbele, Verfechter von noch mehr Transparenz und Kontrolle, reagierte am Donnerstag auf so manche Forderung nur mit einem müden Lächeln. Und kritisierte anschließend, einige Antworten seien doch „sehr einsilbig“ gewesen. Geheimdienste eben.

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