Staatsbesuch : Erdogan bei Steinmeier - Zwischen Annäherung und Konfrontation
Berlin Der türkische Präsident wirbt in Berlin für einen deutsch-türkischen Neuanfang. Steinmeier zeigt Optimismus und Vorsicht.
Während der Bundestag gestern über die weitere Türkei-Politik debattierte, landete der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan fast zeitgleich auf dem Berliner Flughafen-Tegel – empfangen mit militärischen Ehren. An diesem Freitag wird Erdogan mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammentreffen. Gerade Steinmeier, auf dessen Einladung Erdogan für drei Tage nach Deutschland gekommen ist, hegt besondere Erwartungen an den schwierigen Gast.
Kritik von der Opposition
im Deutschen Bundestag
Im Parlament kritisierte vor allem die Opposition den Empfang Erdogans mit militärischen Ehren und einem Staatsbankett. Das sei das „falsche Signal“, so die Linke Sevim Dagdelen. Auch der Grünen-Abgeordnete Cem Özdemir erklärte, dass ein Arbeitsbesuch ohne „Tamtam“ besser geeignet gewesen wäre. Aber anders als andere Politiker will Erdogan-Kritiker Özdemir am Abend bewusst am Bankett im großen Saal von Schloss Bellevue teilnehmen.
Es dürfte auch zu einer direkten Begegnung kommen. Denn vorher findet ein Defilee statt, bei dem Steinmeier und Erdogan die rund 120 Gäste persönlich begrüßen wollen.
Steinmeier wird sein Pendant heute zunächst im Schlosspark empfangen. Das Gebiet ist weiträumig abgesperrt, zahlreiche Demonstrationen gegen Erdogan sind angekündigt. Für die Unterredung beider Staatsoberhäupter sind anderthalb Stunden vorgesehen. Danach fährt Erdogan mit seiner Kolonne unter starken Sicherheitsvorkehrungen die kurze Strecke bis zum Kanzleramt, vor dem dann Angela Merkel auf ihn warten wird.
Steinmeier habe sich auf sein schwieriges Gespräch mit Erdogan gut vorbereitet, gab vorab das Präsidialamt bekannt. So traf sich der Bundespräsident unter anderem mit Vertretern von „Reporter ohne Grenzen“. Und er sprach mit dem türkischen Journalisten Can Dündar, der in Deutschland im Exil lebt. Außerdem informierte er sich bei der deutschen Reporterin Mesale Tolu.