Einigung zum Kirchenasyl: Bundesinnenministerium lenkt ein

Berlin (dpa) - Der seit Wochen schwelende Streit über das Kirchenasyl ist erst einmal entschärft.

Einigung zum Kirchenasyl: Bundesinnenministerium lenkt ein
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Die Kirchen hätten sich mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) darauf geeinigt, die ursprünglich geplante Einführung einer verschärften Fristenregelung für Kirchenasyl-Fälle erst einmal zu verschieben, teilten Kirchenvertreter in Berlin mit. Erleichtert zeigten sie sich auch darüber, dass Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) seine Kritik am Kirchenasyl inzwischen abgemildert hat. Sie erklärten: „Die beiden großen christlichen Kirchen begrüßen diese wichtigen Kurskorrekturen.“

Das Bundesinnenministerium teilte mit, es wolle von der ursprünglich geplanten Verschärfung der Fristenregelung nun doch Abstand nehmen. Im kommenden Herbst werde man dann gemeinsam mit den Kirchen entscheiden, „inwieweit Änderungsbedarf besteht“.

Das Bundesamt hatte zuletzt den Eindruck gewonnen, die Gemeinden wollten gezielt die Abschiebung von Asylbewerbern verhindern, die ihren Antrag auf Anerkennung als Flüchtling eigentlich in einem anderen EU-Land stellen müssten. Es hatte deshalb damit gedroht, die Frist zu verlängern, in der die Überstellung der Asylbewerber an das betreffende EU-Land möglich ist - und zwar von 6 auf 18 Monate. Die 18-Monats-Frist gilt bisher nur in Fällen, in denen der Asylbewerber „abtaucht“, um sich der Abschiebung zu entziehen. Nach dem Dublin-Verfahren muss ein Asylbewerber seinen Antrag im ersten Land seiner Ankunft in der EU stellen.

„Gemeinden entscheiden selbstständig über die Gewährung von Kirchenasyl, wenn sie befürchten, dass einem Menschen bei seiner Abschiebung Menschenrechtsverletzungen oder unzumutbare Härten drohen“, sagte der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Prälat Martin Dutzmann. Er betonte, dies gelte auch für sogenannte Dublin-Fälle.

BAMF-Präsident Manfred Schmidt hatte diese Woche erklärt, das Kirchenasyl werde häufig als „Systemkritik am europäischen Dublin-System der Zuständigkeitsverteilung“ genutzt. Dagegen erklärte der Leiter des Kommissariats der Deutschen Bischöfe, Prälat Karl Jüsten: „Kirchenasyl ist für uns immer ultima ratio.“

De Maizière hatte Anfang Februar vor einem Missbrauch des Kirchenasyls gewarnt und hinzugefügt, schließlich dürften auch Muslime nicht argumentieren, dass für sie die Scharia über deutschen Gesetzen stehe. Später nahm er diesen vielfach kritisierten „Scharia-Vergleich“ wieder zurück.

Derzeit gewähren die evangelischen und katholischen Gemeinden in Deutschland 411 Ausländern Kirchenasyl. Unter den von ihnen aufgenommenen Asylbewerbern sind 125 Kinder.

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