Diese Probleme bringt die Energiewende mit sich

Eine neue Studie zeigt das ganze Ausmaß der Herausforderungen der Energiewende. Die langfristigen Ziele erfordern schon jetzt Entscheidungen.

Windräder und ein Strommast stehen am 21.02.2014 bei Sehnde-Müllingen in der Region Hannover (Niedersachsen). Symbolbild.

Windräder und ein Strommast stehen am 21.02.2014 bei Sehnde-Müllingen in der Region Hannover (Niedersachsen). Symbolbild.

Foto: Julian Stratenschulte

Berlin. Das eigene Klimaschutzziel für 2030 - minus 55 Prozent CO2 - will die neue Bundesregierung „auf jeden Fall“ erreichen, und das international vereinbarte für 2050 - minus 80 bis 95 Prozent - ebenfalls. Sogar ein Gesetz mit genauen Schritten für jeden Bereich soll es geben. Welche gewaltige Anstrengung das bedeutet, wird anhand einer umfassenden „Leitstudie“ deutlich, die an diesem Montag von der Deutschen Energieagentur offiziell in Berlin vorgestellt wird.

Das Problem ist nicht nur, dass Deutschland bisher klimapolitisch ziemlich versagt hat. Das Problem ist, dass die Anstrengungen sich jetzt schnell vervielfachen und zudem genau auf einander abgestimmt sein müssen. Beispiel: Im Energiesektor lässt sich noch am leichtesten umsteuern, obwohl, wie der Streit um die Braunkohle zeigt, auch hier politische Kraftanstrengungen nötig sind. Sollen aber der Verkehr und die Gebäudebeheizung auch noch auf Elektro umgestellt werden, muss der Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung drastisch beschleunigt werden. Die Stromnachfrage wird sich bis 2050 glatt verdoppeln; das wäre mit dem bisherigen Zubautempo bei Solarmodulen und Windrädern nicht zu schaffen. Auch müssten hindernde Gesetze, etwa die bayerischen Abstandsregeln, wieder abgeschafft und noch mehr Stromleitungen gebaut werden. Schon um das Ziel für 2030 zu erreichen, muss die die Strommenge aus Erneuerbaren sich von heute 94 auf rund 190 Terrawattstunden verdoppeln — und da rechnen die Gutachter sogar noch mit 47 Terrawattstunden Kohlestrom.

Hinzu kommt: Die sogenannte Dunkelflaute ist das große Problem der erneuerbaren Energien. Zeiten also, in denen kein Wind weht und auch die Sonne nicht scheint. Der Bedarf an gesicherter Leistung aber steigt in allen Rechenszenarien von heute 84 Gigawatt auf 100 bis 123 Gigawatt im Jahr 2030 und sogar 160 Gigawatt im Jahr 2050. Speichertechnologien werden so zum zentralen Thema; zudem werden Gaskraftwerke eine wichtige Rolle spielen, meinen die Gutachter. Auch hierfür müssen jetzt Weichen gestellt werden.

Die Studie berücksichtigt auch, dass die Möglichkeiten der einzelnen Bereiche sehr unterschiedlich sind. Klar wird: Im Gebäudebereich und im Verkehr muss es deutlich schneller vorangehen als bisher. Das heißt zum Beispiel, dass die Zahl der jährlich sanierten Gebäude sich um 50 bis 100 Prozent erhöhen muss. Beim Pkw-Verkehr geht es um eine schnelle Umstellung auf E-Mobilität. Die Industrie hingegen braucht länger. Ein gewisser Rest CO2 bleibt hier immer, etwa bei der Stahlerzeugung. Deshalb bringen die Forscher wieder die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid ins Spiel.

Klar wird in der Studie: Ein Mix aus verschiedenen Technologien ist am Ende realistischer und bis 2050 auch um 600 Milliarden Euro billiger als ein reines Elektrifizierungsszenario, das bis dahin addierte Investitionen von 1,8 Billionen Euro erfordern würde. Soll es 2050 nicht bei 80 Prozent CO2-Verringerung bleiben, sondern sogar 95 Prozent werden, wird es allerdings besonders aufwändig. Dann kommen in großem Maßstab auch synthetische Kraftstoffe ins Spiel, denn alle anderen Möglichkeiten sind dann erschöpft. Dennoch rät Dena-Chef Andreas Kuhlmann der Regierung dazu, diese Perspektive anzustreben und schon jetzt zu beschließen. Denn so nutze man alle technischen und organisatorischen Möglichkeiten voll aus und sei besser gewappnet für die vielen negativen Überraschungen, die noch auf dem Weg der Energiewende lägen.

Die komplette Studie unter: www.dena.de/integrierte-energiewende

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