Die E-Zigarette als Arznei?

Pharma-Experte hält die Einschätzung der NRW-Ministerin für rechtlich nicht wasserdicht.

Düsseldorf. In Nordrhein-Westfalen sorgt das Verbot von nikotinhaltigen Liquids für E-Zigaretten weiter für Zündstoff. Kritiker bemängeln, dass das Verbot nicht ausreichend begründet wurde. NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens hat am 16. Dezember entschieden, dass die Liquids nicht etwa als Tabakprodukt, sondern als Arzneimittel einzustufen sind. Demnach müssen die Liquids zugelassen werden wie ein Medikament und dürfen bis dahin nicht mehr frei im Handel verkauft werden.

Stefan Romberg, Arzt und gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Landtag, kritisiert, dass Steffens Haltung nicht eindeutig sei: „Wenn es darum geht, ob das Rauchen von E-Zigaretten in öffentlichen Räumen erlaubt ist, sind sie ein Tabakprodukt. Wenn es um den Verkauf geht, wird sie als Arzneimittel eingestuft.“

Serap Celen, Sprecherin des Gesundheitsministeriums, verweist darauf, dass die E-Zigarette grundsätzlich erlaubt sei — nur die nikotinhaltigen Liquids eben nicht. Sie sagt: „Die Gesetzeslage ist eindeutig. Da dürfte es keine Unsicherheiten geben.“ Der hohe Nikotinanteil in den entsprechenden Liquids und die Wirkung von Nikotin auf den Körper rechtfertige die Einstufung.

Ganz anders sieht das Wolfgang Voigt, Vorstandsmitglied der Forschungsstelle für Pharmarecht an der Universität Marburg. Um ein Produkt als Arzneimittel einzustufen, müsse es entweder vom Hersteller mit einer gewissen Zweckbestimmung versehen worden sein. „Nikotinpflaster etwa sollen dazu dienen, Entzugserscheinungen zu lindern. Die E-Zigarette dagegen wird eher als Lifestyle-Produkt und Genussmittel beworben.“

Oder es müsse eine gezielte medizinische Wirkung auf den Körper haben. Durch das Rauchen werde der Organismus zwar beeinflusst, aber dadurch könne nicht gezielt auf eine Körperfunktion eingewirkt werden. „Es steht außer Frage, dass das Produkt gefährlich sein könnte. Aber es gibt andere Wege, um es zu verbieten“, sagt Wolfgang Voigt.

Stefan Romberg, der als Arzt auch Suchtpatienten betreut, hält das Verbannen der E-Zigarette, während die normale Zigarette erlaubt bleibt, für kurzsichtig. „Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, dass Menschen ihren Tabakkonsum durch die E-Zigarette drastisch eingeschränkt oder sogar aufgegeben haben. Es ist schade, wenn dieser Weg jetzt verbaut wird.“

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