Vor dem 1. Mai : DGB warnt vor „digitalem Proletariat“
Nürnberg/Berlin (dpa) - Vor dem „Tag der Arbeit“ am 1. Mai haben die Gewerkschaften eindringlich auf die Gefahren der Digitalisierung der Arbeitswelt hingewiesen und Regeln verlangt.
DGB-Chef Reiner Hoffmann warnte am Wochenende vor „moderner Sklaverei“ und einem „digitalen Proletariat“. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) räumte Handlungsbedarf ein, warb aber dafür, die Chancen der Digitalisierung wahrzunehmen.
„Ja, es ist ein großer, technologischer Wandel, der auch unsere Arbeitswelt verändern wird“, sagte Merkel in ihrer wöchentlichen Videobotschaft. „Aber wir sollten vorrangig die Chancen sehen! Denn es wird Arbeit geben, ausreichend Arbeit geben, aber zum Teil wird sich die Arbeit sehr verändern.“ Gegensteuern müsse man mit Weiterbildung, der Neuausrichtung von Berufsbildern und der Anpassung von Studiengängen. Merkel bekräftigte zugleich das Ziel, bis 2025 Vollbeschäftigung zu erreichen.
Davon gab sich auch Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) überzeugt: „Wir werden in Deutschland Vollbeschäftigung erreichen - nicht trotz, sondern wegen der Digitalisierung“, sagte er der „Bild am Sonntag“. „Bei der Energiewende gab es zuerst auch große Sorgen, sie könnte Arbeitsplätze zerstören. Tatsächlich hat sie aber viele neue Arbeitsplätze geschaffen.“
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) forderte eine vorbeugende Arbeitsmarktpolitik, die massiv auf Weiterbildung setze. „Nie war Weiterbildung so wichtig wie heute“, betonte Heil im „Tagesspiegel“. Auch er erwartet „gewaltige Umbrüche“ in der Arbeitswelt. Durch die Digitalisierung würden auch bestimmte Tätigkeiten wegfallen, sagte Heil. Es würden aber auch neue Stellen entstehen.
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel forderte wegen der Digitalisierung ein Umsteuern in der Steuerpolitik. „Fest steht, dass sich das Verhältnis der Besteuerung von Arbeit und Kapital zu letzterem hin verschieben muss“, sagte Schäfer-Gümbel der „Frankfurter Rundschau“ (Samstag). Er schlug eine Art Maschinensteuer vor, damit die Arbeitnehmer von künftigen Produktivitätsgewinnen profitieren.