Deutschland will bei UN-Vorsitz Brücken bauen

New York/Berlin (dpa) - Deutschland will sich nach den Worten von Außenminister Guido Westerwelle (FDP) während des einmonatigen Vorsitzes im UN-Sicherheitsrat auf die neuen Kraftzentren in der Welt konzentrieren.

„Wir müssen erkennen, es gibt längst neue Gewichte, von China über Lateinamerika bis zu Südafrika oder beispielsweise Indien“, sagte er am Freitag im Bayerischen Rundfunk. In diese Regionen wolle Berlin Brücken bauen.

Als weitere Schwerpunkte des deutschen Vorsitzes, der bis Ende Juli dauert, nannte Westerwelle die Abrüstung, die Nichtverbreitung von Kernwaffen sowie den Klimaschutz. Beim Klimaschutz geht es nach den Worten des deutschen UN-Botschafters Peter Wittig auch um die sicherheitspolitische Sicht. „Wie gehen wir damit um, wenn ganze Mitgliedsstaaten plötzlich verschwinden“, sagte Wittig. „Einige Inselstaaten sehen sich wegen steigender Meeresspiegel dieser Gefahr sehr konkret gegenüber.“

Ein weiterer deutscher Schwerpunkt ist laut Wittig der Schutz von Zivilisten, insbesondere Kindern, in bewaffneten Konflikten. Künftig soll auch der Beschuss von Schulen oder Krankenhäusern ein Tatbestand sein, der zu Sanktionen führe kann.

Der Juli könnt zu einem der geschäftigsten Monate des Jahres im Sicherheitsrat werden. Zu den Dauerthemen Afghanistan und Nahost kommen die Teilung des Sudans und Syrien. „Es ist ein Fehler, dass der Sicherheitsrat bislang zu Syrien stumm geblieben ist“, sagte Wittig. „Das Ausmaß der Gewalt macht es notwendig, dass wir reagieren.“

Ein Resolutionsentwurf zu Syrien liegt vor. Obwohl er keine Sanktionen gegen Damaskus vorsieht, gibt es Widerstand von Russland und China.

Im Sudan hat sich die Lage zugespitzt. Am 9. Juli soll der rohstoffreiche, kaum erschlossene „schwarze“ Südsudan unabhängig vom dominierenden arabischen Norden werden. „Der Sicherheitsrat unter dem Vorsitz von Minister Westerwelle wird am 13. Juli empfehlen, den Südsudan in die Vereinten Nationen aufzunehmen“, sagte Wittig. Der junge Staat würde das 193. UN-Mitglied.

Die SPD erwartet wenig Konkretes vom deutschen UN-Vorsitz. Die deutsche Außenpolitik wirke „strategie- und handlungsunfähig“, sagte Fraktionsvize Gernot Erler „Handelsblatt Online“. Westerwelle reise „wie ein Besessener durch die Welt“, ohne wirklich Spuren zu hinterlassen. Noch schlimmer sei die „Verständnislosigkeit“ bei den Partnern „über die neue Unberechenbarkeit deutscher Außenpolitik“.

Deutschland ist seit dem 1. Januar Mitglied des Sicherheitsrates - allerdings nur für zwei Jahre und ohne Vetorecht. Das haben nur die fünf ständigen Mitglieder USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich. In diesem Monat hat Deutschland den Vorsitz im mächtigsten UN-Gremium. Wittig leitet damit die fast täglichen Sitzungen; auch Westerwelle wird dies in ein paar Tagen tun. Deutschland kann dabei die Tagesordnung festlegen. Gegen ein Votum eines Vetorechtsstaates ist aber kein Beschluss möglich.

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