Der „Kleine Bruder“ BND will aufholen

Geheimdienst rüstet auf, dabei halten ihn viele schon jetzt für zu mächtig.

Der „Kleine Bruder“ BND will aufholen
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Berlin. Deutsche Geheimdienstler können nur staunen, wenn sie auf ihre Kollegen in den USA blicken. Etwa 38 000 Mitarbeiter und ein Jahresbudget von rund zehn Milliarden US-Dollar soll der amerikanische Geheimdienst NSA haben. Die Deutschen sind von solchen Dimensionen weit entfernt. Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat gut 6000 Mitarbeiter und ein Jahresbudget von etwas mehr als 500 Millionen Euro. Unzweifelhaft also, wer hier der Kleine und wer der Große Bruder ist. Der BND will sich in dem Wettbewerb nicht komplett abhängen lassen.

Dass der BND allerdings bald in Echtzeit soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter überwachen will, wie „Süddeutsche Zeitung“, NDR und WDR berichten, sorgt für ungläubiges Staunen. Oppositionspolitiker können nicht fassen, dass der BND nach dem Auffliegen der NSA-Überwachungspraxis nun an eine derartige Aufrüstung denkt. „Irrsinn“ sei das, sagt Linksfraktionsvize Jan Korte. Seine Partei werde alles dafür tun, das Vorhaben zu stoppen. Linke und Grüne kritisieren, der BND wolle offenbar eine „deutsche NSA“ werden.

Der BND ist dafür zuständig, aus aller Welt Informationen zusammenzutragen, die für Deutschland politisch, wirtschaftlich oder militärisch wichtig sind. Der Geheimdienst durchkämmt dazu unter anderem riesige Mengen an Telekommunikation im Ausland: Anrufe, SMS, E-Mails, Chats. Aber nach welchen Regeln? Und geschieht das im gebotenen Maß? Diese Fragen stellen sich einige Politiker und Juristen in Deutschland.

Deutsche genießen besonderen Schutz vor Ausspähung durch deutsche Geheimdienste — egal, ob sie im In- oder Ausland sind. Die Hürden für eine Überwachung sind in diesen Fällen hoch. Auch Ausländer dürfen auf deutschem Boden nicht ohne Weiteres ausgeforscht werden. Für Ausländer im Ausland gilt das aber nicht.

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, beklagt, der BND arbeite im Ausland weitgehend im rechtsfreien Raum. Er könne nahezu nach Belieben Daten speichern. Vom BND heißt es dazu, man teile diese Rechtsauffassung nicht. Die Grünen verlangen nun klare gesetzliche Grenzen für die BND-Arbeit im Ausland. Wenn die Regierung nichts unternehme, werde seine Fraktion vor das Verfassungsgericht ziehen, drohte Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele.

Die Karlsruher Richter haben demnächst wohl ohnehin mit dem BND zu tun. Ein Berliner Anwalt hat eine Verfassungsbeschwerde angekündigt. Er hält die Überwachung von internationalem E-Mail-Verkehr durch den BND für unrechtmäßig.

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