Der Fall des Sebastian Edathy

Gerade erst hatte der SPD-Innenpolitiker sein Bundestagsmandat niedergelegt, nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ihn.

Der Fall des Sebastian Edathy
Foto: dpa

Berlin. Sebastian Edathy (SPD) meldete sich am Dienstag per Facebook: „Die öffentliche Behauptung, ich befände mich im Besitz kinderpornografischer Schriften bzw. hätte mir diese verschafft, ist unwahr.“ Doch genau dieser angeblich von der Staatsanwaltschaft Hannover erhobene Vorwurf gegen den Ex-Bundestagsabgeordneten versetzte am Dienstag das politische Berlin in Aufruhr.

Fraktionschef Thomas Oppermann sagte: „Die geäußerten Vorwürfe wiegen ungeheuer schwer. Ich erwarte von den Ermittlungsbehörden, dass sie den Sachverhalt schnell, umfassend und genau aufklären.“ Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht erklärte: „Ich bin zutiefst bestürzt.“ Beide hatten erst durch Medien erfahren, welchem Verdacht die Staatsanwaltschaft bei ihren Durchsuchungen von Edathys Büro und Wohnung in Nienburg und Rehburg nachgegangen war.

Edathy wiederum betonte via Facebook: „Ein strafbares Verhalten liegt nicht vor.“ Die Durchsuchung seiner Wohnung am Montag beruhe nur auf „Mutmaßungen“. Auffällig war, dass Edathy sein Dementi exakt entlang dem Gesetzestext über das Verbot von Kinderpornographie formulierte. Der NDR berichtete, der Name Edathys sei im Zuge von Ermittlungen des Bundeskriminalamts zum Thema Kinderpornografie im vergangenen Jahr aufgetaucht. Laut NDR befindet sich Edathy derzeit im europäischen Ausland. Bei der Hausdurchsuchung von Edathys Wohnung war die Lokalpresse anwesend. Er nehme dies zum Anlass, „Strafanzeige zu erstatten“, ließ der 44-Jährige wissen.

Der SPD-Politiker hatte am vergangenen Freitag sein Bundestagmandat überraschend aus „gesundheitlichen Gründen“ niedergelegt. Es hatte daraufhin viele aufmunternde Worte gegeben. Edathy leitete zuletzt den NSU-Untersuchungsausschuss, der die Mordserie des Terrortrios durchleuchtete, und erwarb sich damit Ansehen. Zudem war der 44-Jährige im Parlament durchaus beliebt. So berichtete der SPD-Parlamentarier Florian Post, Edathy habe sich um ihn als Neuling gekümmert, ihn sogar im Oktober im Gästezimmer seine Berliner Wohnung übernachten lassen. „Ich kann das gar nicht glauben.“

Bei der Union hieß es allenthalben, für Edathy gelte die Unschuldsvermutung. Der neue Vorsitzende der Kinderkommission, Eckhard Pols (CDU), forderte indes, die Bekämpfung der Kinderpornographie „grundsätzlich ganz oben auf die Tagesordnung“ zu setzen. „Uns überrollt derzeit im Internet eine regelrechte Welle. Wir müssen schauen, wo wir gesetzlich gegensteuern können zum Schutz der Minderjährigen“, so Pols im Gespräch mit unserer Zeitung.

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