Obama in Hannover Dem Präsidenten ins Auge gesehen

Hannover. Es spricht der mächtigste Mann der Welt, Präsident Obama. Ich sitze in der dritten Reihe. In der dritten Reihe? Nein, kein Scherz. Unglaublich. Wie im Fernsehen. Nur live dabei.

Obama in Hannover: Dem Präsidenten ins Auge gesehen
Foto: Esther Gardei

Im Raum sind noch um die 400 anderen Menschen, Studenten, wie ich oder Promis.

Vor ein paar Stunden, um sieben Uhr morgens, stand ich noch auf einem Parkplatz, irgendwo in Hannover, inmitten von aufgereihten weißen Shuttle-Bussen. Übernachtet hatte ich um die anderthalb Stunden außerhalb der Stadt in einem kleinen Hotel. Naja Hotel wäre übertrieben. Aber immerhin „nur“ 80 Euro für eine Nacht und die anderen neun Zimmergenossen störten mich kaum. Zur Messe ist in Hannover wie üblich alles ausgebucht und nun kommt noch der amerikanische Präsident als Stargast. Da muss man sowas in Kauf nehmen.

„Wir fahren jetzt zu den Sicherheitskontrollen“, sagte ein Polizist zu mir auf diesem Parkplatz und ich fragte mich einen Moment später, ob er einen Witz machte: Wie wollte er denn bitte durch die verstopften Straßen vorankommen? Hannover war im Ausnahmezustand, überall staute es sich, große Teile abgesperrt. Wohl nicht für uns. Auf dem Parkplatz gab’s den ersten Sicherheits-Check, Personalausweiskontrolle. Dann fuhren wir eine halbe Stunde mit dem Shuttle-Bus, bogen schließlich in eine Halle bei der Messe ein.

Ein Student neben mir sagte: „Hier kommen wir nicht mehr raus.“ Ein mulmiges Gefühl. „Sicherheit geht eben vor“, sagte ich beschwörend und versuchte damit eher mich selbst zu beruhigen. Kann schon Angst machen. Aber es ist eben Obama, da will man dabei sein. Vom Auto aus beobachtete ich einen Polizeihund, der mit dem Schwanz wedelnd um eines der Autos lief. „Sprengstoffhund“, meint einer wissend. Es folgte ein Sicherheitscheck wie am Flughafen und wir wurden weitergefahren zum dem Zelt wo Obama sprechen sollte. Hier an der Tür der allerletzte Check. Neben den deutschen Polizisten nun auch Mitarbeiter des amerikanischen Sicherheitsdienstes und Scharfschützen auf den Dächern. Nervosität. Irgendwie Angst. Trotz Sicherheit.

Im Raum angekommen erspähe ich Alexander Dobrindt, wie er sich nervös die Hände am Jackett abstreift, oder Steffen Seibert, oder auch den deutschen Wahlkampfbeauftragten von Obama, Julius van De Laar. Aufgeregt zupfe ich an meiner Bluse herum. Gleich kommt er. Im Hintergrund läuft sakrale-anmutende Musik. Das muss schon gleich was ganz Besonderes sein, denke ich.

Die Musik geht aus, Obama kommt auf die Bühne. Da steht er. Lächelt. Dieses charmante Lächeln, ganz nah dran. „Guten Tag, ihr“, sagt er auf Deutsch. Er erklärt, wie sehr er Deutschland schätzt, dass er zum Oktoberfest wiederkommen will, wenn er kein Präsident mehr ist. Dann über die Wichtigkeit von Europas Zusammenhalt bei der Flüchtlingskrise, Wirtschaft, wie wichtig das Zusammenhalten von Deutschland bei Fragen der internationalen Sicherheit ist. Obama verspricht sich kaum. Er ist ein Charismatiker — vielleicht doch kein Versöhner, denkt man, wenn er über Privatsphäre und Sicherheit spricht und dabei doch ein Raunen durch die Menge geht.

Am Ende ist es vorbei, Obama hört auf zu sprechen, abrupt ertönt der bekannte Song „Ein Hoch auf das was vor uns liegt“ von Andreas Bourani und Obama tanzt von der Bühne, schüttelt Besuchern in der ersten Reihe die Hände, und blickt mir, in der dritten Reihe, plötzlich in die Augen. Wow. Was für ein Gefühl von Wichtigkeit. Für mich bekommt seine Rede plötzlich etwas von einem Versprechen, sie wird mehr als die Aufregung über einen Promi, das Dabeisein. Er wirkt menschlicher, nicht so übertrieben wie seine Inszenierung. Oder ist das eingeübt? Die letzte Zeit der Präsidentschaft wird zeigen, wie ehrlich er es meint.

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