Flüchtlingspolitik De Maizière kritisiert Verhalten von Flüchtlingen

Berlin (dpa) - Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat seinen Ton gegenüber Flüchtlingen in Deutschland verschärft und sie zur Kooperation aufgefordert. Asylbewerber dürften sich ihren Wohnsitz nicht selbst aussuchen, sagte de Maizière in Wiesbaden.

Flüchtlingspolitik: De Maizière kritisiert Verhalten von Flüchtlingen
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Flüchtlinge verweigerten sich etwa an der deutsch-österreichischen Grenze staatlichen Hilfsangeboten und machten sich eigenständig zu unbekannten Zielen auf. Hinweise, Mitglieder der Terrormiliz Islamischer Staat könnten sich unter die Asylsuchenden mischen, haben sich nach den Worten des CDU-Politikers bisher nicht bewahrheitet.

Flüchtlingspolitik: De Maizière kritisiert Verhalten von Flüchtlingen
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Schon tags zuvor hatte der CDU-Politiker deutliche Worte gewählt. Es gebe Asylbewerber, die sich prügelten, über ihre Unterkünfte und das Essen beklagten oder meinten, sie könnten sich selbst aussuchen, wo sie in Deutschland unterkämen, sagte er im ZDF-„heute journal“.

Die Asylzahlen wachsen seit vielen Monaten rasant und erreichen immer neue Rekordwerte. Laut Innenressort entziehen sich Flüchtlinge zunehmend der Registrierung oder verlassen Erstaufnahmestellen eigenmächtig. In Baden-Württemberg etwa kamen nach Behördenangaben im September fast 28 700 Flüchtlinge an, nur knapp 16 400 blieben zur Registrierung und für einen Asylantrag in den Erstaufnahmen.

De Maizière erntete Kritik - auch aus den Reihen des Koalitionspartners. Seine Äußerungen seien geeignet, die Stimmung gegen Asylsuchende anzuheizen, erklärte der SPD-Abgeordnete Lars Castellucci. „Alle in diesem Land müssen sich an Recht und Gesetz halten. Wer aber mit einem Finger auf die Flüchtlinge zeigt, auf den zeigen drei zurück.“ Der Grünen-Abgeordnete Volker Beck sagte Portal n-tv.de: „Die Flüchtlinge hören und verstehen den Minister im Zweifelsfall nicht. Mit seinen Äußerungen zielt der Minister wohl nicht auf die Flüchtlinge, sondern eher auf die Stammtische.“

Schleswig-Holsteins Innenminister Stefan Studt (SPD) sagte der Deutschen Presse-Agentur, natürlich müsse man wieder zu einem geordneten Verfahren bei der Verteilung kommen. „Wir werden aber auch in Zukunft niemanden daran hindern, sich frei zu bewegen.“

Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel sieht bald Kapazitätsgrenzen erreicht: „Wir nähern uns in Deutschland mit rasanter Geschwindigkeit den Grenzen unserer Möglichkeiten“, sagte Gabriel „Spiegel Online“. Er nahm zugleich Kanzlerin Angela Merkel gegen die Kritik aus der CSU in Schutz. „Ich könnte es mir leicht machen und als SPD-Vorsitzender die CDU-Kanzlerin kritisieren“, sagte er. „Aber die Wahrheit ist doch: Das alles hat wenig mit Frau Merkel zu tun.“

Die Menschen flüchteten aus Syrien und den Notunterkünften im Nahen Osten, weil sich dort die Lage dramatisch verschlechtert habe. „Die Flüchtlinge brechen im wahrsten Sinne ihre Zelte ab und machen sich Richtung Europa und Deutschland auf. Das sind die wahren Fluchtursachen - nicht das Verhalten von Frau Merkel.“ Aus der SPD gibt es bislang keine offene Kritik an Merkels Kurs. Allerdings erwarten viele Sozialdemokraten, dass Merkel Wege aufzeigt, um die hohen Flüchtlingszahlen zu verringern.

Die Regierung versucht unter anderem, mit rechtlichen Änderungen die Flüchtlingszahlen einzudämmen. Nachdem der Bundestag am Donnerstag über ein großes Gesetzespaket beraten hatte, war am Abend bereits das nächste Vorhaben von de Maizière bekanntgeworden. Er will die Möglichkeit schaffen, Flüchtlinge künftig vor der Entscheidung über die Einreise bis zu einer Woche in Transitzonen an der Landgrenze festzuhalten. In dieser Zeit soll geprüft werden, ob Betroffene Anspruch auf Asyl haben. Falls nicht, wird die Einreise verweigert.

Unterdessen wurden die nächsten Vorschläge für eine Verschärfung des Asylrechts laut. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) regte im MDR 1 Radio Sachsen unter anderem an, Abschiebungen ohne vorherige Information durchzuführen, damit sich Flüchtlinge der Zwangsmaßnahme nicht entziehn können. Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU) plädierte in der „Süddeutschen Zeitung“ dafür, den Anspruch auf Familiennachzug zu begrenzen.

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