Wer ist wer? Das sind Sachsens Spitzenkandidaten

Dresden · Wie sich die Regierungsbildung im Freistaat gestaltet, ist derzeit noch offen. Neben inhaltlichen Fragen kommt es auch auf die Protagonisten an. Die Spitzenkandidaten im Kurzporträt.

 Am 1. September 2019 findet im Freistaat die Landtagswahl statt.

Am 1. September 2019 findet im Freistaat die Landtagswahl statt.

Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) will Regierungschef in Sachsen bleiben - und mit seiner Partei stärkste Kraft im Land. Dafür tourt er seit Monaten durchs Land. Mit der AfD dürften sich die Christdemokraten ein enges Rennen liefern, auch wenn zuletzt die CDU in Umfragen einen kleinen Vorsprung ausbauen konnte. Wie sich die Regierungsbildung im Freistaat gestaltet, ist derzeit aber noch offen. Neben inhaltlichen Fragen kommt es auch auf die Protagonisten an. Die Spitzenkandidaten im Kurzporträt:

Michael Kretschmer (CDU)

Kretschmer gilt als erfahrener Politiker - auch wenn er erst 44 Jahre alt ist. Der Ministerpräsident gehört zu den jüngsten deutschen Politikern in diesem Amt. Er übernahm es 2017 von Stanislaw Tillich, der nach dem desaströsen Abschneiden der sächsischen Union bei der Bundestagswahl seinen Rücktritt verkündet hatte. Kretschmer, zweifacher Vater, steht auch für einen neuen Politikstil - offener, nahbarer. Er sucht den Austausch mit den Bürgern in zahlreichen Formaten wie dem „Sachsengespräch“. Für seinen Stil zollen dem gebürtigen Görlitzer nicht nur CDU-Anhänger Respekt, laut Umfragen ist er Sachsens beliebtester Spitzenpolitiker. Dabei stand seine Karriere 2017 auf der Kippe: Bei der Bundestagswahl verlor Kretschmer ausgerechnet in seiner Heimatregion das Direktmandat gegen einen AfD-Kandidaten. Sachsens früherer Regierungschef Kurt Biedenkopf lobte Kretschmer jüngst als Mann, der dienen wolle.

Martin Dulig (SPD)

Der 45-Jährige ist SPD-Landesvorsitzender, Wirtschaftsminister und Ostbeauftragter der SPD. Als sechsfacher Vater betont er stets, wie sehr ihm auch das Thema Bildung am Herzen liegt und setzt sich etwa für längeres gemeinsames Lernen in einer Gemeinschaftsschule ein. Im Gegensatz zu seiner Partei, die sich im Sinkflug befindet, gilt der SPD-Landeschef als populär. Undercover auf der Baustelle, unterwegs mit seinem Küchentisch oder spontan in der Fußgängerzone, er ist bekannt für ungewöhnliche Aktionen und sucht die Nähe zum Bürger. Im Sachsentrend landete Dulig hinter Kretschmer auf dem Rang des zweitbeliebtesten Spitzenpolitikers. Zuletzt änderte der Politiker seine Strategie und äußerte Sympathie für eine Koalition aus CDU, SPD und Grünen - und warb vor allem um Zweitstimmen. Der gebürtige Plauener lebt mit seiner Familie in Moritzburg.

Rico Gebhardt (Linke)

Der 56-jährige Fraktionschef und Spitzenkandidat der Linken kommt aus Schlema im Erzgebirge und gilt als bodenständig, sein Humor als hintergründig. Die sächsische Linke, seit Jahren Oppositionsführerin im sächsischen Landtag, wirbt im Wahlkampf für einen modernen und demokratischen Sozialismus. Der gelernte Koch wünscht sich „mehr Leipzig in Sachsen“ und meint damit eine stärke Zivilgesellschaft, mehr Toleranz und eine offene Gesellschaft. Gebhardt war in der DDR Mitglied der SED. Er sitzt seit 2004 im Landtag. 2009 übernahm er den Parteivorsitz der Linken (bis 2017), zuvor hatte er jahrelang als Landesgeschäftsführer fungiert.

Jörg Urban (AfD)

Der in Meißen geborene Urban ist 55 Jahre alt und trat 2013 in die AfD ein. Im Februar 2018 wurde er Vorsitzender seiner Partei in Sachsen und löste damit Frauke Petry ab. Bis 2014 war der studierte Diplomingenieur und nebenberufliche Landwirt Geschäftsführer der zur DDR-Zeit gegründeten Umweltbewegung „Grüne Liga Sachsen“. Heute sympathisiert Urban eher mit dem rechten Flügel der Partei. Urban weist den Vorwurf zurück, seine Partei spalte die Gesellschaft. Thematisch bedient er die gleiche Klaviatur wie andere Spitzenfunktionäre der AfD, die ein düsteres Bild von der Lage in Deutschland und in Sachsen malen.

Katja Meier (Grüne)

Die Politikwissenschaftlerin und gebürtige Zwickauerin, die seit 2015 im Landtag sitzt, will sich für eine andere politische Kultur, mehr Chancen für starke Frauen und soziale Politik für alle einsetzen. Die Schwerpunkte der 39-Jährigen: Gleichstellung und Verkehrspolitik - vor allem der öffentliche Nahverkehr. Meier fährt Rad und verzichtet auf ein eigenes Auto. Wenn sie eins braucht, greift sie auf Carsharing zurück. Früher spielte Meier als Bassistin in einer Punkband. „Meine Haare sind heute nicht mehr grün, und ich trage auch keine Nietenjacke mehr, aber im Kern ‎geht es mir heute in meiner politischen Arbeit um dasselbe, wie früher als Punkerin.“ Und zwar darum, sich klar zu ‎positionieren. Und um den Willen nach Freiheit und Gerechtigkeit.

Holger Zastrow (FDP)

Der 50 Jahre alte Holger Zastrow ist der dienstälteste Parteivorsitzende in Sachsen, seit 1999 steht er an der Spitze der FDP. Er machte sich nicht nur als Politiker, sondern auch als Unternehmer einen Namen. Der Inhaber einer Werbeagentur übernahm etwa das traditionsreiche Ausflugslokal „Hofewiese“ in der Dresdner Heide - und schimpft seither noch mehr über die bürokratischen Hürden für Unternehmer. Sein Slogan auf den Wahlplakaten: „Einfach machen.“ Mit ihm zogen die Liberalen 2004 mit 5,9 Prozent in den Landtag ein, fünf Jahre später kamen sie auf 10 Prozent und regierten mit der CDU. 2014 flogen die Liberalen mit 3,8 Prozent wieder aus dem Parlament. Am 1. September will Zastrow mit der FDP den Wiedereinzug schaffen.

(dpa)
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