Digitalisierung Das Rennen um die Zukunft

Berlin · Mehr Tempo, mehr Geld, weniger Bedenken fordert in Sachen Künstliche Intelligenz (KI) schon jetzt die Wirtschaft.

Digitalisierung: Das Rennen um die Zukunft
Foto: k r o h n f o t o . d e

Mehr Tempo, mehr Geld, weniger Bedenken fordert in Sachen Künstliche Intelligenz (KI) schon jetzt die Wirtschaft, etwa der BDI. Zwar hat er Recht mit der Warnung, dass Deutschland zurückzufallen droht. Aber der Fortschritt ist auch kein Hunderennen, bei dem es nur darum geht, vorne zu liegen, egal wobei. So betreibt China seine Digitalstrategie, so agieren auch die großen US-Konzerne.

Es muss auch einen anderen Weg geben. Der Umgang mit den Daten aus der ersten Generation der Digitalisierung hat dies gezeigt. In China werden sie zur totalen Kontrolle durch das Regime missbraucht, in den USA zur Gewinnmaximierung. Dagegen verlangt Europa, dass jeder Einzelne Herr seiner Daten bleibt. Unter anderem mit der Datenschutzgrundverordnung. Am Ende könnte dieser Weg der attraktivste sein und zum Wettbewerbsvorteil werden.

Nicht alles, was machbar ist und Geld abwirft, ist schon sinnvoll. Wenn Technologien in eine Sackgasse führen, bringen sie niemandem etwas. In der Automobilindustrie macht man gerade diesen Fehler, leider auch in Deutschland. Man setzt weiter einseitig auf das individuell betriebene Auto, bloß mit Batterie statt Motor. Das wird ökologisch nicht lange tragen, das geben die Ressourcen nicht her, und das löst auch nicht das Mobilitätsproblem einer Menschheit mit bald zehn Milliarden Köpfen.

Auch aus sozialen Gründen muss Europa bei KI einen eigenen Weg gehen. Schon die erste Generation der Digitalisierung, die Vernetzung von Daten, hat einige Branchen mit Wucht getroffen. Uber bei den Taxis, Airbnb auf dem Hotel- und Wohnungsmarkt oder auch die online-Medien bei den Zeitungen. Wie wird das erst sein, wenn Künstliche Intelligenz die Beschäftigten der Kommunalverwaltungen ersetzt und der Roboter die Fließbandarbeiter, wenn Sprachassistenten die Dolmetscher und sogar Lehrer arbeitslos machen und autonome Steuerungen die Lokomotivführer und Lkw-Fahrer nach Hause schicken? Das europäische Sozialstaatsmodell darf nicht zur Disposition stehen, denn darauf beruht unser gesamtes Gesellschaftsmodell. Zur Disposition muss stehen, wer es künftig finanziert. Vielleicht diejenigen, die KI einsetzen und davon profitieren?

Angela Merkel persönlich hat sich das Thema KI zu Eigen gemacht; die Klausur des Kabinetts ist ein erster, starker Aufschlag. Sie macht Tempo, vor allem bei der Forschungsförderung, aber auch bei der Förderung von Start Ups. Bei der Ausstattung des Landes mit schnellem Internet könnte es gerne noch etwas mehr sein. Aber sage keiner, diese Regierung sei technologiefeindlich. Auf der anderen Seite fordert sogar die CDU-Kanzlerin „Leitplanken“ und „Sicherheit“ für die Menschen in der Veränderung, die SPD sowieso. Man ist also nicht blind fortschrittsgläubig. Und genau so ist es richtig. Das Rennen um die Zukunft lässt sich nur mit Kraft und Augenmaß zugleich gewinnen. Nicht als blinde Hatz.

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