Das bange Warten auf das SPD-Votum

Mitglieder stimmen über die Koalition ab — und könnten die Partei in die Krise stürzen.

Düsseldorf. Von der SPD-Spitze wird es als Meilenstein bei der Mitgliederbeteiligung gefeiert. Es ist aber auch ein Risiko für die Partei: Erstmals wird die Basis über einen Koalitionsvertrag abstimmen, ein Novum in der bundesdeutschen Geschichte.

Alle rund 475 000 SPD-Mitglieder, darunter 122 000 in NRW.

Die Briefwahlunterlagen sollen bis 6. Dezember vorliegen, der Einsendeschluss ist der 12. Dezember. Das Ergebnis wird voraussichtlich am Abend des 14. Dezember bekanntgegeben, möglicherweise einen Tag später. Die Kosten der Befragung liegen bei rund einer Million Euro.

Der Koalitionsvertrag wird auf der SPD-Seite online gestellt und den Mitgliedern per E-Mail sowie per Sonderausgabe der Parteizeitung „Vorwärts“ zugeschickt. Außerdem finden Regionalkonferenzen statt. In NRW sind am Sonntag und Montag Veranstaltungen in Kamen beziehungsweise Leverkusen geplant. Sie werden nicht-öffentlich sein. An beiden nimmt die Landesvorsitzende, Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, teil — in Kamen wird auch SPD-Chef Sigmar Gabriel erwartet.

An der vergleichsweise geringen Zahl derjenigen, die letztlich über Schwarz—Rot entscheiden: Das Votum ist gültig, wenn sich mindestens 20 Prozent beteiligen, also 95 000 (siehe Grafik).

Schwarz-Rot kommt — Angela Merkel (CDU) könnte am 17. Dezember vom Bundestag erneut zur Kanzlerin gewählt werden.

Als wahrscheinlich gilt, dass die Union dann erneut Gespräche mit den Grünen führen wird. Rot-Rot-Grün hat die SPD für diese Wahlperiode eigentlich ausgeschlossen, eine Minderheitsregierung Merkel gilt als eher unwahrscheinlich, weil sie zu instabil wäre — insbesondere mit Blick auf die Eurokrise. Scheitern alle Optionen, bleibt am Ende nur die Neuwahl.

Das kann derzeit niemand sagen, weil niemand weiß, wie die vielen sogenannten passiven Mitglieder über Schwarz-Rot denken — also solche, die nicht in der Politik aktiv sind. Allerdings gibt es offenbar an der Basis große Skepsis gegenüber einer großen Koalition. Zudem gibt es Sorge, dass sich vor allem diejenigen an dem Votum beteiligen, die die Koalition verhindern wollen.

Ex-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück warnte bereits vor einem „Desaster“ für seine Partei, ohne die möglichen Folgen detailliert zu benennen. Klar ist aber: Die Basis hätte sich gegen die komplette Führungsspitze gestellt, die den Vertrag mit der Union aushandelte und dafür warb. Personelle Konsequenzen wären wahrscheinlich — insbesondere mit Blick auf Parteichef Gabriel und seine Stellvertreter, darunter Hannelore Kraft. Für die Partei wäre dies ein schwerer Schlag.

spd.de

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