CSU-Politiker sieht Deutschland in Flüchtlingspolitik isoliert

Berlin (dpa) - Nach der Absage des französischen Premierministers Manuel Valls an eine europäische Kontingentlösung für Flüchtlinge sieht die CSU Deutschland in der EU isoliert.

CSU-Politiker sieht Deutschland in Flüchtlingspolitik isoliert
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Der stellvertretende Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hans Michelbach, forderte eine Neuausrichtung der deutschen Aufnahmepolitik: „Mit dem Abrücken Frankreichs ist eine europäische Lösung der Flüchtlingsfrage faktisch gescheitert.“

Valls hatte zuvor ausgeschlossen, dass sein Land weitere Flüchtlinge aufnimmt und sich damit gegen Pläne von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gestellt, Schutzsuchende in der EU gleichmäßiger zu verteilen. Frankreich sei gegen ein dauerhaftes System zur Umverteilung.

Merkel verteidigte ihren Kurs. „Schritt für Schritt kommen wir voran“, sagte sie in Magdeburg beim Wahlkampf-Auftakt der CDU in Sachsen-Anhalt. Mit Blick auf den Kampf gegen Schleuser in der Ägäis bekräftigte Merkel, wenn illegale Migration gestoppt werde, sei Deutschland bereit, Kontingente von Flüchtlingen aufzunehmen.

Die Kanzlerin kritisierte erneut die Bombardements russischer Truppen in Syrien. Die Zahl von rund einer Million Flüchtlinge nach Deutschland im vergangenen Jahr solle nicht einfach fortgeschrieben werden. „Wir arbeiten ganz hart daran.“ Wenn aber in Aleppo in Syrien jeden Tag russische Flugzeuge Menschen niederbombten, sei die Situation extrem kompliziert. Dann hingen dort Zehntausende Flüchtlinge an der Grenze fest und wüssten nicht, wo sie hinsollen und ob sie getötet werden.

In der Debatte um die Flüchtlingspolitik forderte Justizminister Heiko Maas verbale Abrüstung. „Über den richtigen Weg müssen wir diskutieren, Sorgen und Ängste müssen wir ernst nehmen“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. „Aber es bringt niemandem etwas, wenn wir uns gegenseitig kriminalisieren oder den Untergang des Abendlandes an die Wand malen.“ Eine „verbale Radikalisierung“ nütze am Ende nur den Rechten.

Der Appell dürfte auch an die Adresse von CSU-Chef Horst Seehofer gerichtet sein. Der bayerische Ministerpräsident hatte für Empörung gesorgt, weil er die Flüchtlingspolitik Merkels mit einer „Herrschaft des Unrechts“ verglich. Maas nahm Merkel in Schutz. „Die Unterstellung, die Aufnahme vieler Flüchtlinge im September vergangenen Jahres sei rechtswidrig gewesen, ist falsch.“

Im „Spiegel“ stellte sich Seehofer zwar hinter Merkel, doch die Entrüstung über ihn hielt an. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sieht den CSU-Chef in einem Interview der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ als einen „Kronzeugen“ der islamfeindlichen Pegida-Bewegung.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter verglich Seehofer in der „Frankfurter Rundschau“ mit dem umstrittenen US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump. SPD-Linke fordern nach einem Bericht des Redaktionsnetzwerkes Deutschland die Kanzlerin auf, die CSU vor die Entscheidung zu stellen, „ob sie noch Teil dieser Bundesregierung sein will“.

Vergangenes Jahr waren in Deutschland mehr als eine Million Asylbewerber registriert worden - so viele wie nie zuvor in einem Jahr. Im Januar erfassten die Behörden mehr als 90 000 Asylsuchende.

Die CDU will nach Informationen von „Bild am Sonntag“ mit einem Maßnahmenpaket die Integration von Flüchtlingen vorantreiben. Vorgeschlagen würden Ausnahmen beim Mindestlohn, eine verlängerte Schulpflicht für Flüchtlinge sowie höhere Hürden für unbefristetes
Aufenthaltsrecht. Dies gehe aus einem Entwurf hervor, der am Montag vom CDU-Bundesvorstand beschlossen werden solle.

Der Grünen-Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer, spricht sich für einen härteren Kurs in der Flüchtlingspolitik aus. „Es sind nicht die Zeiten für Pippi-Langstrumpf- oder Ponyhof-Politik“, sagte Palmer dem Nachrichten-Magazin „Der Spiegel“. „Wir müssen die unkontrollierte Einwanderung beenden. Das bedeutet nicht, dass wir niemanden mehr reinlassen, aber wir entscheiden, wer reinkommt.“ Die EU-Außengrenzen sollten mit einem Zaun und bewaffneten Grenzern gesichert werden. Palmer forderte die Grünen auf, die Erweiterung der Liste sogenannter sicherer Herkunftsländer um Algerien, Tunesien und Marokko nicht im Bundesrat zu blockieren.

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