Bayern CSU-Chef Seehofer macht weiter: So tickt „Crazy Horst“

München. Er will’s nochmal wissen: Horst Seehofer, 67, CSU-Chef und bayerischer Ministerpräsident, wird auch über 2018 hinaus in beiden Funktionen weitermachen. „ Ich sehe noch eine ganze Menge, was ich für Bayern und Deutschland bewirken kann“, begründete er gestern in München seine Entscheidung.

 Horst Seehofer will uach nach 2018 an der Spitze der CSU bleiben.

Horst Seehofer will uach nach 2018 an der Spitze der CSU bleiben.

Foto: dpa

Ein Leben für die Politik, seit 37 Jahren. Doch wie tickt Seehofer, der schon mal „Crazy Horst“ genannt wurde? Eine Annäherung.

Seine Stärken. Er ist ein Meister der Taktik. So wird Seehofer von jenen beschrieben, die ihn gut kennen. Seehofer mache nichts ohne Kalkül. Er sei ein Stehauf-Männchen und klassischer Machtmensch, der genau wisse, wann Zuckerbrot und wann Peitsche in der eigenen Partei notwendig sei. Damit keiner nachlässt. Zielstrebig ist er. Seine Partei verdankt ihm die Rückkehr zur absoluten Mehrheit. Das macht ihn stark und fast unangefochten. Aus der Ruhe bringt Seehofer sowieso nichts. Er hat ein Gespür für Themen und für symbolische Worte, die in Bayern gerne gehört werden. Er sei auch ein Kümmerer, der seine Politik nah an der Bevölkerung ausrichte, so seine Fans.

Seine Schwächen. Beobachter werfen ihm Wankelmut vor. Heute so, morgen so. „Crazy Horst“ eben. Wobei er den Spitznamen für völlig falsch hält. Kritiker halten ihn vor allem für einen Nörgler und Quertreiber. Versäumt hat Seehofer sicherlich, einen Nachfolger aufzubauen - wenn er das je ernsthaft gewollt hat. Was auch daran liegt, dass er sich selbst für unverzichtbar hält. Bayern und die CSU sieht er bei sich in den besten Händen. Eine gehörige Portion an Selbstüberschätzung gehört zu seinem Naturell. Seehofer teilt gerne aus, sein Spott kann bis an die Grenze persönlicher Verletzungen gehen. Es gibt niemanden, der ihn bei diesem Gebaren zu bremsen scheint. Vielen in seiner Partei gilt der Ingolstädter als beratungsresistent, als stoischer Einzelgänger.

Seine schärfsten Gegner. Mit dem bayerischen Finanzminister Markus Söder verbindet Seehofer eine gepflegte Abneigung. Dass er nun erneut antritt, gilt auch als Versuch, Söder als Nachfolger zu verhindern. Dabei sind sich beide in der Art, Politik zu machen, sehr ähnlich. Das gilt auch für die Persönlichkeitsstruktur. Söder, der jede „Schmutzelei“ beherrscht, ist genauso machthungrig und trickreich wie sein Vorsitzender. Zu Seehofers Gegnern gehört auch Angela Merkel: Die Dauerattacken des CSU-Chefs gegen ihre Flüchtlingspolitik haben der Kanzlerin zugesetzt. Seit er ihr eine „Herrschaft des Unrechts“ vorgeworfen hat, ist das Verhältnis zerrüttet. Merkel kann freilich nicht ohne Seehofer. Sie braucht die CSU für einen Sieg bei der Bundestagswahl. Man hat sich deshalb neu arrangiert - mehr aber nicht.

Seine engsten Unterstützer. Edmund Stoiber gehört dazu. Der frühere Ministerpräsident galt eigentlich als Förderer Söders, doch in Seehofer sieht er den Garanten für die absolute Mehrheit im Freistaat. Im Hintergrund hat Stoiber die Fäden für den Anti-Merkel-Kurs gezogen, er soll Seehofer auch dazu gedrängt haben, außenpolitisch auf Distanz zur Kanzlerin zu gehen. Durch Treffen mit dem Ungarn Viktor Orban und dem Russen Wladimir Putin. Beide sind Merkels Gegenspieler auf internationaler Bühne. Zu den Seehofer-Freunden gehört auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann, der nun die CSU als Spitzenkandidat in die Bundestagswahl führen wird und danach möglichst Bundesinnenminister werden soll. Und der verlorene Sohn der Partei, Karl-Theodor zu Guttenberg. Mit dessen Comeback liebäugelt Seehofer immer wieder.

Seine Ziele. Seehofer sieht sich und die CSU als letztes konservatives Bollwerk zur Union in Berlin. Deswegen scheut er sich auch nicht, mitunter eine drastische Sprache zu benutzen. Er hofft zwar auf einen Sieg bei der Bundestagswahl. Aber viel wichtiger ist ihm, der AfD zu trotzen und die CSU bei den bayerischen Landtagswahlen 2018 bei über 50 Prozent zu halten. Seine Glaubwürdigkeit hängt nicht an CSU-Projekten wie der Maut oder dem umstrittenen Betreuungsgeld. Sondern an der Obergrenze für Flüchtlinge. Die fordert er immer noch: Ohne Obergrenze keine Regierungsbeteiligung nach der Bundestagswahl, sagt Seehofer. Ob er das durchhält?

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