Analyse : Ausstiegs-Debatte: Ethikrat kritisiert Kommunikation der Politik
Berlin Die Experten begrüßen eine Debatte über den Ausstieg aus den derzeitigen Beschränkungen wegen der Corona-Pandemie. Doch die politische Kommunikation lasse zu wünschen übrig.
Die Einschränkung von Grundrechten und eine mögliche Überlastung des Gesundheitssystems wegen der Corona-Pandemie beschäftigen auch den Deutschen Ethikrat. Das unabhängige Beratungsgremium aus Wissenschaftlern, Juristen und Theologen machte sich für eine breite Debatte über einen schrittweisen Ausstieg aus den Restriktionen stark. Nach Meinung der Experten lässt hier die politische Kommunikation zu wünschen übrig.
Es sei derzeit noch zu früh, eine Öffnung vorzunehmen. „Aber es ist nie zu früh, über Kriterien für Öffnungen nachzudenken“, sagte der Vorsitzende des Ehtikrats, Peter Dabrock, in Berlin. Alles andere käme einem „Obrigkeitsstaat“ gleich, so der Theologe. Den Einwand, dass Ausstiegsszenarien womöglich falsche Hoffnungen wecken könnten, ließ Dabrock nicht gelten: „Hoffnungsbilder brauchen Menschen genau dann, wenn sie in einer katastrophalen Situation wie der jetzigen sind. Das motiviert zum Durchhalten.“ Entscheidend sei, wie und welche Hoffnungen kommuniziert würden.
Unter dem Titel „Solidarität und Verantwortung in der Corona-Krise“ hatte der Ethikrat vor einigen Tagen ein Papier veröffentlicht, in dem auch gesundheitsbedrohende Nebenwirkungen wegen des weitgehenden gesellschaftlichen Stillstands thematisiert werden. Stark gefährdet sind nach seiner Einschätzung Personen, denen Vereinsamung droht, Frauen und Kinder, die unter häuslicher Gewalt leiden, sowie Menschen in Einrichtungen der Behindertenhilfe und Suchtkranke. Für diese beiden Gruppen gibt es derzeit kaum Arbeits- beziehungsweise Therapie-Angebote.