Bundeswehr wird verkleinert - Wehrpflicht ausgesetzt

Berlin (dpa) - Historische Weichen für die Bundeswehr: Die Wehrpflicht wird zum 1. Juli nächsten Jahres ausgesetzt und die Truppe von 240 000 auf bis zu 185 000 Soldaten verkleinert.

Auf diesen Vorschlag von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) einigten sich die Spitzen der schwarz-gelben Koalition am Donnerstagabend in Berlin. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen.

Die dafür nötigen gesetzlichen Änderungen will die Regierung in der Kabinettssitzung am Mittwoch auf den Weg bringen. Dann stehen noch die Beschlüsse im Bundestag und Bundesrat aus.

Die von Guttenberg vorgeschlagene Reform ist eine der tiefgreifendsten Veränderungen in der Geschichte der Bundeswehr. Erstmals seit Wiedereinführung der Wehrpflicht 1957 werden junge Männer nicht mehr eingezogen. Im Kalten Krieg verfügte die Bundeswehr über rund 500 000 Soldaten - die Nationale Volksarmee der DDR hatte etwa 170 000 Soldaten. Nach dem Mauerfall wurde die NVA aufgelöst und teilweise in die Bundeswehr integriert. Diese wurde zunächst auf 370 000 Mann reduziert und weiter schrittweise abgebaut.

Künftig soll die Bundeswehr 170 000 Berufs- und Zeitsoldaten haben und über einen Freiwilligendienst, der bis zu 23 Monate dauern kann, jährlich 7500 bis 15 000 junge Männer und Frauen gewinnen.

Erst in diesem Jahr war der Wehrdienst auf sechs Monate gekürzt worden, was für viele Militärs und Politiker bereits das Aus bedeutete. Den längsten Wehrdienst mussten Männer in den 1960er Jahren leisten. Damals waren es 18 Monate.

Die Wehrpflicht soll im Grundgesetz verankert bleiben. Männer sollen weiter erfasst, aber nicht mehr gemustert werden. So könnte die Wehrpflicht im Notfall über ein einfaches Gesetz wiederbelebt werden. Bei einer Abschaffung wäre sie aus dem Grundgesetz gestrichen worden. Für eine Wiedereinführung wäre dann eine Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig gewesen - eine extrem hohe Hürde.

Nach dem Wehrdienst richtet sich auch der Zivildienst für Kriegsdienstverweigerer, der damit ebenfalls wegfällt. Soziale Einrichtungen befürchten deswegen Kräftemangel. Hier beraten Bund und Länder über die Zukunft von Freiwilligen-Diensten.

Guttenberg hatte für die Reform eine Strukturkommission eingesetzt, deren Vorschläge er bis Januar prüfen will. Dazu gehört auch der Abbau der Ministerialbürokratie. Die Kommission rät, alle Ministeriumsmitarbeiter in Berlin zu konzentrieren und die Zahl der mehr als 3000 Posten um rund die Hälfte abzubauen. Derzeit ist der Hauptsitz des Ministeriums noch in Bonn und der Standort ist im sogenannten Bonn-Berlin-Gesetz verankert. Gegen einen Komplettumzug gibt es massiven Widerstand unter Offizieren.

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