Plädoyers im NSU-Prozess : Bundesanwaltschaft: Zschäpe als Mittäterin überführt
München (dpa) - Nach mehr als vier Jahren NSU-Prozess fordert die Anklage eine Verurteilung Beate Zschäpes als Mittäterin an allen Morden und Anschlägen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“.
Die Bundesanwaltschaft sieht die Vorwürfe gegen Zschäpe und die vier Mitangeklagten in allen wesentlichen Punkten bestätigt. Die Verbrechen des NSU seien die „heftigsten und infamsten“ Terroranschläge seit denen der linksextremen Rote Armee Fraktion (RAF), sagte Bundesanwalt Herbert Diemer am Dienstag zum Beginn der Plädoyers.
Das Strafmaß will Diemer erst am Ende des Plädoyers fordern, das 22 Stunden dauern soll, verteilt auf mehrere Tage. Zschäpe droht lebenslange Haft. Mit einem Urteil des Oberlandesgerichts München wird in einigen Monaten gerechnet.
Diemer bezeichnete Zschäpe als Mitgründerin und Mitglied einer terroristischen Vereinigung. Sie habe mit ihren Freunden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt neun Menschen türkischer oder griechischer Herkunft ermordet, eine Polizistin getötet, einen Bombenanschlag auf das Geschäft einer iranischen Familie in Köln verübt und ebenfalls in Köln eine Nagelbombe mit großer Sprengkraft zur Explosion gebracht. Darüber hinaus habe Zschäpe gemeinsam mit Mundlos und Böhnhardt schwere Raubüberfälle begangen und nach dem Tod der beiden Freunde die letzte gemeinsame Wohnung des NSU in Brand gesteckt.
Böhnhardt und Mundlos hatten sich nach ihrem letzten Banküberfall umgebracht, um einer Festnahme durch die Polizei zu entgehen. Den Ermittlungen zufolge lebte Zschäpe fast 14 Jahre mit Mundlos und Böhnhardt im Untergrund. Die beiden Männer sollen während dieser Zeit die zehn Morde, die Anschläge und Überfälle verübt haben. Zschäpe soll von allen Morden gewusst und diese unterstützt haben; sie selbst bestreitet das. Neben Zschäpe sitzen vier mutmaßliche Terrorhelfer auf der Anklagebank. Das Verfahren hatte am 6. Mai 2013 begonnen.
Die Anklage argumentiert, Zschäpe sei entgegen ihrer eigenen Aussage gleichberechtigtes Mitglied des NSU und in die Logistik der Taten arbeitsteilig eingebunden gewesen. „Die Täter, Hoher Senat, waren Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe“, sagte Diemer. „Motiv für all diese Verbrechen war rechtsextremistische Ideologie.“ Das Ziel sei ein „ausländerfreies“ Land gewesen. Die Bundesrepublik habe in ihren Grundfesten erschüttert werden sollen. Der NSU habe versucht, einem „widerwärtigen Naziregime den Boden zu bereiten“. Die Opfer seien nur wegen ihrer ausländischen Herkunft „hingerichtet“ worden, sagte Diemer. Sämtliche Opfer seien „willkürlich herausgegriffen“ worden.