Betreuungsgeld: Der Kampf um die „Herdprämie“

Die Befürworter sprechen von Gerechtigkeit, die Gegner sehen darin die falschen Anreize.

München. Seit fünf Jahren führen CDU und CSU den immer gleichen Kampf um das Betreuungsgeld. Die Befürworter halten es für ein Gebot der Gerechtigkeit, den Eltern zu helfen, die sich selbst um ihre Kinder unter drei Jahren kümmern wollen. Die Gegner klagen über eine „Herdprämie“, die ganz falsche Anreize gegen Kinderbetreuung und Berufstätigkeit gebe.

Die CSU jedoch wird mit aller Macht versuchen, alle Angriffe abzuwehren, ebenso wie alle vorangegangenen Versuche bisher auch. „Die Agitation gegen das Betreuungsgeld vergiftet allmählich das gesellschaftliche Klima in Deutschland“, meint CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt.

Dabei ist das Betreuungsgeld gar keine Erfindung der CSU — sondern kommt aus der CDU selbst: 2007 war der damalige Thüringer Ministerpräsident Dieter Althaus der erste, der die Idee präsentierte. Eltern, die ihre kleinen Kinder nicht in der Krippe betreuen lassen wollen, sollen ebenfalls einen Zuschuss erhalten — um zu zeigen, dass der Staat die Erziehung in der Familie hochhält und nicht nur auf Staatsbetreuung in der Krippe setzt. Die CSU übernahm das Thema, der heutige Parteichef Horst Seehofer und Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer haben es in der Berliner Koalition gegen starken Widerstand in der CDU durchgesetzt.

Gedacht war das Betreuungsgeld auch, um Konservativen den Ausbau der Krippen schmackhaft zu machen. Beim Wort „Krippe“ dachten viele in der Union sogleich an die Verhältnisse in der früheren DDR. Als erster in der CSU sprach sich 2007 der damalige bayerische Wirtschaftsminister Erwin Huber öffentlich für das Betreuungsgeld aus: „Es gab ganz gewaltige Vorbehalte in der CSU gegen den Ausbau der Krippenplätze, weil viele das als eine Verstaatlichung der Familienpolitik sahen“, erinnert sich Huber.

Damals wie heute gehen die Fachleute von einem Bedarf von etwa 35 Prozent für unter Dreijährige aus. „Wenn wir Milliarden für den Krippenausbau ausgeben, müssen wir auch etwas tun für die 65 Prozent der Kinder, die zu Hause betreut werden. Wir wollen keinen Druck ausüben, sondern den Eltern die Wahlfreiheit ermöglichen“, sagt Huber.

Die CSU hat in den vergangenen Jahren mehrere einst zentrale Positionen geräumt — sei es bei der Aufgabe der Wehrpflicht oder dem Ausstieg aus der Atomkraft. Und gerade weil diese Wenden schwierig für die Partei waren, macht die CSU nun keine Anstalten, das beim Betreuungsgeld zu wiederholen.

Ein Hauptargument der Gegner ist jedoch: Das Betreuungsgeld sei schlecht für die Integration, weil sozial schwache Einwandererfamilien lieber das Geld nehmen würden als ihr Kind in einer Krippe betreuen zu lassen. „Hunderttausende von Hauptschulabsolventen oder Zuwanderern werden von Betreuungsgeld-Gegnern als „bildungsferne Schichten“ verhöhnt, deren Kinder deshalb unbedingt in eine staatliche Krippe gehörten. Das ist falsch, verletzend und herabwürdigend“, kontert CSU-General Dobrindt.

Ein zweites Argument, das im Zuge des steigenden Fachkräftemangels häufig geäußert wird: Das Betreuungsgeld sei schädlich für den Arbeitsmarkt, weil es Mütter von ihrem Beruf fernhalte. Auch das lässt die CSU jedoch nicht gelten.

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