Lebensleistungsrente vor Aus Berlin will mehr Rente für Ärmere und doppelte „Haltelinie“

Berlin (dpa) - Die Pläne zur Renten-Reform der Koalition nehmen Gestalt an. Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD) plant Verbesserungen für Geringverdiener und gezielte Schritte gegen Altersarmut.

Lebensleistungsrente vor Aus: Berlin will mehr Rente für Ärmere und doppelte „Haltelinie“
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Eine doppelte „Haltelinie“ wollen Union und SPD für künftige Rentner und Beitragszahler.

Ein Gesetzentwurf für mehr Betriebsrenten bei Niedrigverdienern und in kleineren Betrieben soll bereits diese Woche in die Abstimmung der Bundesministerien gehen. Die Riester-Zulage soll steigen. Die bisherigen Pläne zur Erhöhung kleiner Bezüge durch eine Lebensleistungsrente sind dagegen vor dem Aus.

Weder solle das Rentenniveau bis 2045 zu stark absinken, noch sollten die Beiträge zu stark steigen, sagte Nahles zum Abschluss eines Rentendialogs mit Verbänden, Gewerkschaften und Arbeitgebern, wie Teilnehmer der Deutschen Presse-Agentur berichteten. „Es muss eine doppelte Haltelinie geben.“

Auch CSU-Chef Horst Seehofer sprach sich in München für eine doppelte „Haltelinie“ aus. Dies sei Teil des „Fundaments“, auf das sich CDU und CSU für die weiteren Verhandlungen über die Rente mit der SPD verständigt hätten. Ein Ende des Koalitionsstreits um die CSU-Forderung nach mehr Mütterrente war noch nicht abzusehen. Nahles will im November ein Konzept vorlegen.

Gegen mangelnde Absicherung von Geringverdienern und zur Würdigung der Lebensleistung jahrelanger Beitragszahler will Nahles mit einem neuen Vorschlag aufwarten, kündigte sie im Dialogtreffen an. In der Rentenversicherung lasse sich das nicht zufriedenstellend lösen. In Fraktionskreisen war von steuerfinanzierten Zuschlägen als möglicher Alternative die Rede. Auch CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn warb im rbb für Schritte für Schwächere: „Das sind Geringverdiener, Erwerbsgeminderte, das sind die, die mit 50, 55 Jahren kaputt sind und nicht mehr arbeiten können.“

Verbessern will Nahles die Alterssicherung von Selbstständigen. Dort gebe es eine „Schutzlücke“, sagte sie nach dem Treffen. Klar gemacht hat sie in interner Sitzung, dass sie die Absicherung für Rente und Gesundheit gemeinsam betrachten wolle. Selbstständige wären mit Rentenbeiträgen angesichts ihrer Krankenkassenkosten oft überfordert.

Nahles kündigte auch Verbesserungen für Erwerbsgeminderte an. Derzeit müssen Erwerbsminderungsrentner Abschläge von 10,8 Prozent hinnehmen.

Fertig ist nun ein Gesetzentwurf für mehr Betriebsrenten. Er soll 2018 in Kraft treten. Die Grundzulage für die Riester-Rente soll von 154 auf 165 Euro steigen. Die Anhebung der jährlichen Zulage soll vor allem der Verbreiterung der Betriebsrenten dienen, wenn in deren Rahmen geriestert wird. Sie soll aber allen Riester-Rentnern zugute kommen. Der Staat fördert Betriebsrenten zudem künftig bei Einkommen von bis zu 2000 Euro im Monat: Arbeitgeber bekommen 30 Prozent von Beiträgen von 240 bis 480 Euro, also 72 bis 144 Euro im Jahr.

Garantien für die Höhe der Betriebsrenten und die Haftung von Unternehmen dafür sollen entfallen können, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Tarifverträgen darauf verständigen. Dies sieht die neue „Zielrente“ vor.

Die Finanzlage der Rentenkasse ist Nahles zufolge derzeit gut. „Tatsächlich haben wir momentan kein akutes Problem mit den Beiträgen“, teilte sie mit. Der Sozialverband VdK forderte deutliche Schritte beim Rentenniveau. SPD-Fraktionsvize Carola Reimann sagte der dpa, ein Rentenkonzept auch gegen mangelnde Absicherung Sozialschwacher sei „in dieser Legislaturperiode“ nötig.

Die Zahl der über 65-Jährigen in Deutschland, denen Armut droht, stieg binnen zehn Jahren von 1,95 auf 2,74 Millionen im vergangenen Jahr, wie neue Daten des Europäischen Statistikamts Eurostat zeigen, auf die die Linken-Abgeordnete Sabine Zimmermann hinwies.

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