Bamf-Affäre: Transparenz gegen „Schlamperei“
Die Sitzung des Innenausschusses zur Bamf-Affäre bringt neue Erkenntnisse, aber ein Untersuchungsausschuss ist weiter offen.
Berlin. Seine Mundwinkel hängen herunter, ein ums andere Mal schaut Horst Seehofer sehr ernst ins Rund des Saales 2300, in dem die 46 Abgeordneten des Innenausschusses auf die Erklärungen des Ministers warten. Sie bekommen sie in mehrstündiger Sitzung. Seehofer hat sich gut vorbereitet.
Neben ihm hat sein Staatssekretär Stephan Mayer Platz genommen, ebenfalls CSU, der früher als sein Ressortchef von den vielen Ungereimtheiten in der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) erfahren hat. Noch einen Stuhl weiter sitzt Jutta Cordt. Die Bamf-Chefin wirkt gefasst und überlegt, ihre Stellungnahme dauert rund ein Stunde. Der 54-Jährigen wird vorgeworfen, nicht energisch genug die Aufklärung um zu Unrecht bewilligte Asylanträge voranzutreiben und Mängel immer noch nicht abgestellt zu haben. Wird Cordt demnächst gefeuert? Auszuschießen sei das nicht, heißt es am Rande der Sitzung, weil keiner genau wisse, wie sich die Dinge weiterentwickelten. „Es bleiben Fragen offen“, so der Grüne Konstantin von Notz.
Im Bamf, wettert SPD-Experte Burkhard Lischka, habe es eine „Mischung aus Schlamperei und Gleichgültigkeit“ gegeben. Obwohl schon seit 2014 Hinweise auf erhebliche Fehler in der Bremer Außenstelle vorgelegen hätten. Nur gehandelt wurde offenbar nicht. Im April dieses Jahres wurde dann bekannt, dass zwischen 2013 und 2016 mindestens 1200 Asylanträge einfach bewilligt worden sein sollen. Auch in anderen Außenstellen soll es Merkwürdigkeiten geben. Was erfahren die Abgeordneten genau in der Sondersitzung?
Seehofer sichert erneut volle Transparenz zu. Er unterfüttert das mit Zahlen: Demnach könnten 4500 getroffene Bescheide in Bremen wieder rückgängig gemacht werden. Alle Außenstellen mit auffälligen Abweichungen wie zu vielen Ablehnungen oder zu vielen positiven Bescheiden werden nun überprüft. Davon betroffen sind insgesamt zehn Bamf-Dependancen. Das geht aus einem Papier des Innenministeriums auf Fragen der Grünen hervor, das unserer Redaktion vorliegt. Außerdem sollen in ganz Deutschland noch einmal stichprobenartig zehn Prozent aller Bescheide kontrolliert werden.
Intensiv wurde offenbar in den letzten Tagen gecheckt, ob unter den in Bremen bewilligten Asylanträgen auch „Gefährder“ waren. Das soll nicht der Fall sein. In einem vertraulichen Bericht des Innenministeriums wurden zudem 18 000 Bremer Fälle aus den letzten Jahren zunächst analysiert, die weitere Prüfung werden nun 70 Mitarbeiter in den nächsten drei Monaten leisten. Ergebnis der ersten Analyse: Vielfach gab es kein Vier-Augen-Prinzip, auch keine erkennungsdienstliche Überprüfung des Asylsuchenden.