Auch der Spott gegen Wulff kennt Grenzen

Das Strafgesetz schützt den Bundespräsidenten mit einer speziellen Vorschrift.

Düsseldorf. Wer vor einem Urlaub in Thailand im Reiseführer blättert, findet dort meist diesen nützlichen Tipp: Bloß nicht den König beleidigen. Immer wieder kommt es in dem Land zu harten Strafen wegen Majestätsbeleidigung. Erst kürzlich wurde ein US-Amerikaner während seines Thailand-Urlaubs festgenommen und zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, weil er Passagen aus einem in Thailand verbotenen Buch über König Bhumibol für eine Internetseite ins Thailändische übersetzt hatte.

In Deutschland gibt es keine Majestät. Aber so etwas wie eine Majestätsbeleidigung kennt auch unser Strafrecht (siehe Infokasten). Diese Vorschrift sollten diejenigen bedenken, die in diesen Tagen meinen, sich über Christian Wulff lustig machen zu müssen.

Ein 45-jähriger Mann aus Sachsen hätte eigentlich schon in der vergangenen Woche als Angeklagter vor dem Dresdner Landgericht stehen sollen. Er hatte auf seiner Facebookseite Kompromittierendes über den Bundespräsidenten und dessen Frau veröffentlicht, was auch aus Gründen der Überschreitung des schlechten Geschmacks hier nicht zitiert werden soll. Er entging dem Strafverfahren am Ende nur, weil Wulff die nach der entsprechenden Vorschrift vorausgesetzte Ermächtigung zur Strafverfolgung zurückzog, nachdem der Mann sich entschuldigt hatte.

Dennoch heißt das nicht, dass alle anderen jetzt munter spotten dürften. Denn die Strafandrohung ist nun mal geltendes Recht. Eine ganz andere Frage ist es, ob man einen solchen Strafparagrafen in unserem Rechtssystem braucht. Schließlich steht er im Strafgesetzbuch unter dem Zwischentitel „Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates“.

Ist es wirklich gerechtfertigt, Bemerkungen oder auch Hohn und Spott, die andere Würdenträger und Politiker im täglichen Politgeschäft noch hinnehmen müssen, gesondert unter Strafe zu stellen, wenn sie sich gegen das Staatsoberhaupt richten? Dass sich auch ein Bundespräsident, wenn Grenzen überschritten werden, wehren können muss, ist klar. Doch ihn hier unter eine Käseglocke zu stellen, kann auch nicht richtig sein.

Freilich ist der Bundespräsident wie jeder in der Ehre Angegriffene in einer misslichen Lage. Verschafft doch jedes Strafverfahren, dem er durch seine Verfolgungsermächtigung grünes Licht gibt, der Ehrverletzung noch mehr öffentliche Aufmerksamkeit. Wohl auch deshalb hat die Vorschrift kaum eine praktische Bedeutung, und die Fälle landen nicht vor den Gerichten.

Doch alles gefallen lassen muss sich auch ein Bundespräsident nicht. Und niemand sollte sich zu sicher sein, dass ein vermeintlich lustiger Spott, veröffentlicht via Twitter oder Facebook, immer ohne strafrechtliche Folgen bleibt.

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