Arm trotz Arbeit Jeder vierte Armutsgefährdete in Deutschland hat einen Job

Exklusiv · Jeder vierte Armutsgefährdete in Deutschland ist erwerbstätig. Ein weiteres knappes Viertel der Menschen, die mit ihrem Geld kaum über die Runden kommen, sind Rentner im Alter von mindestens 65 Jahren.

 Im Jahr 2018 gibt es unter den Armutsgefährdeten in Deutschland hauptsächlich vier große Gruppen, 25,4 Prozent gingen einer Beschäftigung nach.

Im Jahr 2018 gibt es unter den Armutsgefährdeten in Deutschland hauptsächlich vier große Gruppen, 25,4 Prozent gingen einer Beschäftigung nach.

Foto: picture alliance / Carsten Rehde/Carsten Rehder

Das zeigt eine aktuelle Datenübersicht des Statistischen Bundesamtes zur „Struktur der einkommensarmen Bevölkerung“, die unserer Redaktion vorliegt.

Demnach gab es im Jahr 2018 unter den Armutsgefährdeten in Deutschland hauptsächlich vier große Gruppen. 25,4 Prozent gingen einer Beschäftigung nach. Weitere knapp 23 Prozent waren Rentner, fast 21 Prozent Kinder und Jugendliche. Zur vierten Gruppe (24,2 Prozent) zählten unter anderem Erwerbsgeminderte und die so genannte stille Reserve, also zum Beispiel Menschen, die sich entmutigt von der Jobsuche zurückgezogen haben. Erwerbslose stellen mit 6,7 Prozent die fünfte Gruppe. Bei dieser Einstufung wurden allerdings nur jene erfasst, die nicht einmal eine Stunde wöchentlich erwerbstätig sind.

Als armutsgefährdet gilt nach EU-Definition, wer mit weniger als 60 Prozent des mittleren Nettoeinkommens der Gesamtbevölkerung auskommen muss. Für Ein-Personen-Haushalte in Deutschland lag diese Schwelle 2018 bei 1035 Euro im Monat. Bei Haushalten mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren waren es 2174 Euro. Darin eingerechnet sind auch alle staatlichen Transfers wie zum Beispiel Hartz IV oder Wohngeld.

Nach Einschätzung der Sozialexpertin der Linken, Sabine Zimmermann, zeugen die Daten von zwei zentralen Missständen: „Einerseits sind Millionen Menschen arm trotz Arbeit. Andererseits stellen die Schwächsten in unserer Gesellschaft den überwiegenden Teil der Armen, also Kinder, alte Menschen und alle, die schlicht keine Arbeit finden.“ Nötig seien eine Stärkung der Tarifbindung sowie eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns, so Zimmermann. Zugleich gelte es, den Sozialstaat wieder stark und verlässlich zu machen.

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