Zustell-Dienstleistungen. Altmaier kratzt an der Marktmacht der Post

Konkurrenten sollen es bei der Briefzustellung leichter haben und die Netzagentur als Beschwerdeinstanz gestärkt werden

Altmaier kratzt an der Marktmacht der Post
Foto: dpa-tmn/Jens Schlueter

Zunehmende Verbraucherbeschwerden und ein nicht funktionierender Wettbewerb – das ist auch zehn Jahre nach der vollständigen Beendigung des Postmonopols die Situation auf dem deutschen Markt für Zustell-Dienstleistungen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat nun eine Reform des Postgesetzes vorgeschlagen, bei der an vielen kleinen Stellschrauben gedreht werden soll, um die Lage zu verbessern.

Am Donnerstag legte der Minister dazu „Eckpunkte“ vor (www.bmwi.de über Navigation „Medienraum“). Sie sollen nun mit den betroffenen Unternehmen und Verbraucherverbänden diskutiert werden, ehe Ende des Jahres ein Gesetzentwurf kommt. Auf dem Briefmarkt gibt es de facto noch immer eine Monopolsituation: 84 Prozent der zuletzt zwölf Milliarden Briefe pro Jahr stellt die Post zu, den Rest die private Konkurrenz. Auf dem stark wachsenden Markt der Paketzustellung sieht es anders aus: hier liegt der Anteil der Post bei nur 42 Prozent.

Altmaier will den Wettbewerb beleben. So soll es auch für Briefzustellung wie bei den Paketen keine Lizenzpflicht mehr geben. Eine einfache Anmeldung soll reichen. Auch sollen die Bedingungen gelockert werden, um förmliche Dokumente zustellen zu dürfen. Zur Einhaltung von Arbeitsbedingungen und Mindestlöhnen durch die Anbieter sagt der Entwurf nichts – das betrachtet das Ministerium als Angelegenheit der Arbeitsgesetzgebung, nicht des Postgesetzes.

Portoerhöhungen will der Wirtschaftsminister von der bisherigen Genehmigungspflicht befreien, es soll aber Untergrenzen geben, um Dumping zu vermeiden. Die Zugangsmöglichkeiten der Konkurrenz zur Infrastruktur des Monopolisten Post AG sollen erweitert werden. Hier gab es bisher oft Streit, etwa wenn es um die Vergütung für die Zustellung oder Entgegennahme von Briefen in Regionen geht, in denen die Privaten nicht vertreten sind. Auch will das Ministerium Kooperationsmodelle bei der Paketzustellung fördern, schon um den Lieferverkehr in den Städten zu verringern.

Die Post ist bisher der einzige „Universal-Dienstleister“ und soll das auch bleiben. Sie muss an jedem Ort und zu jeder Zeit ihre Leistungen anbieten. Dafür ist sie im Gegenzug von der Mehrwertsteuer befreit. Diese Befreiung will Altmaier jedoch „überprüfen“. Entlastend dürfte für das Unternehmen wirken, dass der Minister keine Zustellpflicht an sechs Tagen in der Woche mehr festschreiben will, sondern eine Fünf-Tage-Regelung ins Gespräch bringt. Die Entscheidung soll der weiteren Debatte überlassen bleiben. Auch soll es der Post gestattet werden, Briefkästen nicht mehr täglich zu leeren, wenn sie mit technischen Mitteln feststellen kann, dass nichts drin ist. Auf der anderen Seite soll das Unternehmen aber verpflichtet bleiben, die jetzige Filial- und Briefkastendichte im Wesentlichen beizubehalten. Jede Schließung muss der Bundesnetzagentur gemeldet werden.

Die Zahl der Beschwerden über ausbleibende oder verspätete Zustellungen hatte sich im letzten Jahr von rund 6.000 auf 12.000 verdoppelt. Altmaier reagiert darauf, indem er unter anderem alle Firmen verpflichten will, ein effektives Beschwerdeverfahren bereitzustellen, wozu auch die Erreichbarkeit von Hotlines gehört. Die Post verweigert bisher die Beteiligung an freiwilligen Schlichtungsverfahren, die im Streitfall eingeleitet werden können. Altmaier will die Teilnahme daran nun für alle vorschreiben. Die meisten Vorschläge in Sachen Verbraucherschutz betreffen allerdings jene, die Briefe oder Pakete - oft als Großkunden - aufgeben. Sie sind die Geschäftspartner der Zustellfirmen, nicht die Bürger, die auf eine Sendung warten. Sie können sich bei Mängeln auch künftig nur an die Bundesnetzagentur wenden, die allerdings stärkere Durchgriffsrechte bekommen soll. Auch sollen die Bußgelder angehoben werden.

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